Winter 2011 Albblick Gelb- / Goldstern Karcherbirnenernte

Die Biotopkartiergruppe Filderstadt

ist eine ehrenamtlich tätige Arbeitsgruppe von Bürgern, die sich im Natur- und Artenschutz und der Landschaftspflege in Filderstadt engagieren.

----->> Hier direkt zu näheren Informationen <<----

Aktuelle Informationen:                                       

 

 

Rubrik: Pflanze / Tier / Thema des Monats

 

März 2023: Der Kammmolch ( Triturus cristatus )

 

Kammmolch

Hand aufs Herz: Wer von Ihnen kennt den Kammmolch? Und wer kann überhaupt einen Molch von einem Salamander unterscheiden, geschweige denn unsere vier einheimischen Molcharten auseinanderhalten? Von den älteren Mitbürger*innen erinnern sich einige daran, in Filderstadt früher solche Exemplare gefangen zu haben. Werden hingegen Kinder nach Molchen gefragt, wissen viele nicht, wie solch ein Tier überhaupt aussieht.

Molche gehören zu den Schwanzlurchen, haben also im Gegensatz zu den Froschlurchen einen Schwanz. Dieser ist seitlich abgeplattet, was für die Fortbewegung im Wasser von Vorteil ist. Bei Salamandern hingegen ist er fast drehrund.

Der Kammmolch ist mit seinen bis zu 16 Zentimetern Länge der größte mitteleuropäische Molch. Wie viele andere Tiere auch, gilt er in Baden-Württemberg inzwischen als "stark gefährdet" und steht auf der Roten Liste. In Filderstadt haben wir ihn erst im dritten Jahr unserer Suche, und bisher nur an einer einzigen Stelle gefunden. Alle Lurche (Amphibien) brauchen für ihre Fortpflanzung im Frühjahr Wasser. Während unser Bergmolch (der mit dem grellorangenen Bauch) mit wassergefüllten Wagenspuren oder auch Gartenteichen vorliebnimmt, stellt der Kammmolch höhere Ansprüche an seinen Lebensraum. Bevorzugt werden sonnige Stillgewässer mit reichlich Unterwasservegetation. Um den Weibchen zu imponieren, wächst den Männchen ein imposanter Rückenkamm. Manch einer zeigt sich athletisch und vollführt vor der Auserwählten sogar einen Unterwasser-Handstand. Ist die Werbung erfolgreich, legt das Männchen sein Samenpaket auf dem Teichgrund ab. Die hinter ihm herlaufende Partnerin wird von ihm genau an diese Stelle geführt. Er stoppt sie, indem er sich vor ihr quer stellt, so dass sie das abgelegte Samenpaket direkt mit ihrer Geschlechtsöffnung aufnehmen kann.

Die 200 bis 400 Eier werden nicht etwa in einem Schwung abgelegt, sondern einzeln eingetütet. Hierzu klebt das Weibchen das Ei an eine Wasserpflanze und biegt dann mit den Hinterbeinen das Pflanzenteil so um, dass das wertvolle Produkt darin wie in einer Tasche geschützt ist. Die beim Schlupf etwa elf Millimeter großen Larven ernähren sich räuberisch von kleinen Wassertieren. Eine einzelne größere Larve kann innerhalb von 10 Tagen etwa 900(!) Stechmückenlarven vertilgen. Molche müssten uns also eigentlich sehr sympathisch sein. Nach zwei bis vier Monaten verlassen die fertigen Jungmolche das Gewässer. Sie haben hierfür die faszinierende Umstellung von Kiemen- auf Lungenatmung vollzogen. Erst nach zwei bis drei Jahren werden sie geschlechtsreif. Auch an Land ernähren sich die Molche von Würmern, Schnecken und Insekten aller Art. Sie können 10 Jahre und älter werden.

Kammmolche sind sehr ortstreu. Die durchschnittliche Entfernung vom Teich beträgt nur etwa 150 Meter. Existieren innerhalb von wenigen hundert Metern keine weiteren Molchgewässer, können Verluste nicht gegenseitig ausgeglichen werden und auch ein genetischer Austausch findet nicht statt. Die Aussterbewahrscheinlichkeit von solch einer kleinen, isolierten Population, wie in Filderstadt, ist daher groß.

Trockenlegungen von Feuchtgebieten, zunehmende Beschattung durch mangelnde Pflege sowie Verlandung ließen die Bestände des Kammmolchs in den letzten Jahrzehnten massiv schrumpfen. Abgesehen vom Fehlen geeigneter Gewässer, ist vor allem das Vorkommen von Fischen ein absolutes K.o.-Kriterium. So gern diese von Spaziergängern gesehen werden - auf ihrem Speiseplan stehen von den Eiern über die Larven bis hin zu den fertigen Tieren fast alle unsere einheimischen Lurche. Da Kammmolchlarven gern im offenen Wasser schwimmen, sind sie leichte Beute. Auch die Tatsache, dass Menschen immer wieder überzählige Aquarien- oder Gartenteichbewohner gedankenlos in irgendwelchen Gewässern aussetzen, hat daher massive Folgen für die dort lebende Tierwelt.

Nur ein Netz aus sonnenbeschienenen, fischfreien Tümpeln in nicht leer gefegter Umgebung kann das Überleben des eindrucksvollsten unserer Molche sichern, dieser Seltenheit mit Drachenflair.

Quelle: Laufer, H., K. Fritz, P. Sowig (2007): Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs

Text und Foto: Birgit Förderreuther


Hinweis:

Die vorhergehenden Beiträge (über 140 Berichte Stand 2022) "Art des Monats" können jahrgangsweise oder einzeln im Archiv (hier klicken) dieser Homepage nachgelesen werden.



Home nach oben

© Biotopkartiergruppe. Alle Rechte für Texte und Fotos vorbehalten.