Rubrik: Pflanze / Tier / Thema des Monats
Januar 2024: Der Silberreiher ( Egretta alba )
Seit gut 10 Jahren kann man im Winter vereinzelt große, weiße Vögel auf Wiesen und Feldern in Filderstadt beobachten.
Nanu - sind das Störche? Aber das kann eigentlich nicht sein, die ziehen doch im Winter weg. Des Rätsels Lösung: es sind
Silberreiher, im Volksmund wegen ihres winterlichen Auftretens auch "Schneereiher" genannt.
Zum Aussehen: Mit seiner Körpergröße von 85 - 100 cm Länge ist der Silberreiher etwa so groß wie unser heimischer
Graureiher, wirkt aber schlanker. Wenn nicht gerade Schnee liegt, ist er mit seinem komplett weißen Federkleid ein
auffälliger Farbtupfer in unserer jahreszeitlich grauen und kargen Agrarlandschaft. Meist gut zu erkennen: der kräftige
Schnabel ist im Winter auffallend gelb gefärbt, während die langen, im eleganten Flug gestreckten Beine fast schwarz wirken.
Zum Vorkommen: Früher war der Silberreiher eine Ausnahmeerscheinung in Deutschland (und nicht nur bei uns). Seit vielen
Jahren trifft man ihn aber immer häufiger an - inzwischen ist er auch in Filderstadt ein regelmäßger Wintergast und
Durchzügler geworden. Es sind vor allem Vögel aus östlichen und südöstlichen Ländern (Ungarn, Balkan), welche durch
Süddeutschland ziehen oder überwintern. Teilweise vergesellschaften sie sich auch mit unseren heimischen Graureihern.
Zur Gefährdung: Der Silberreiher gilt bei uns bisher als regional vorkommender Wintergast; er breitet sein
Aufenthaltsgebiet allerdings seit einigen Jahren aus.
Zur Nahrung: Als Wintergast ernährt sich der Silberreiher bei uns hauptsächlich von Feld- und Wühlmäusen, welche er in
Wiesen, in Winterbrachen und in Gründüngung findet.
Zur Stimme: Nur selten kann man den Silberreiher rufen hören. In Kolonien gibt er teilweise krächzende Rufe von sich.
Quellen:
- www.nabu.de
- Svensson, Mullarney und Zetterström: Der Kosmos-Vogelführer (2017)
Text und Foto: Eberhard Mayer
Februar 2024: Vom Wildkohl zur Kulturpflanze ( Brassica oleracea )
Die Wildpflanze ist eine ausdauernde Staude. Blütezeit ist vom Juni bis September. Sie gehört wie Senf und Raps zu den
Kreuzblütern (Brassicaceae), hat 4 Kelch- und 4 schwefelgelbe Blütenblätter. Der Blütenstand erscheint in einfacher Traube
oder als Doppeltraube. An einem geraden Stängel wachsen leierförmige, behaarte Blätter.
Die Urpflanze (Brassica oleracea oleracea), in der Zeichnung links, kommt heute noch als Halbstrauch rund ums
Mittelmeer und an der Atlantikküste vor. In Deutschland wächst sie nur auf Helgoland. Schon die Römer holten sich die
Pflanze in ihre Gärten und konnten im milden Klima die Blätter das ganze Jahr ernten.
Im Mittelalter züchtete man über Jahrhunderte den Kopfkohl. Die fest aneinander liegenden Blätter behielten die
Feuchtigkeit und waren bis weit in den Winter haltbar. Die Kohlarten wurden durch Selektion aus der Wildform
herausgezüchtet und zeichnen sich durch einen mehr oder weniger scharfen Geruch und Geschmack aus, der von den darin
enthaltenen Senfölen stammt. Neben dem Rot- und Weißkohl gibt es noch Grünkohl, Wirsing, Kohlrabi, Blumenkohl und Rosenkohl.
In anderen Ländern gibt es weitere verschiedene Varietäten z.B. Brokkoli oder Chinakohl usw.
In Griechenland schätzte man den Kohl weniger als Nahrungs- sondern als Heilmittel z.B. für die Verdauung und
Reinigung des Körpers. Auch in der Klostermedizin Mitteleuropas wird Kohl ("Brassica oder Caulos") bei einer Menge
von Krankheiten empfohlen. Kohl war im Mittelalter ein Arme-Leute-Essen. Auf die Tische der Adligen kam er eher selten.
Durch die Erfindung des Konservierens mit Salz oder durch Fermentierung war das Sauerkraut das ganze Jahr über
verfügbar und versorgte die Bevölkerung mit Nahrung und Vitamin C. Für die aufkommende Seefahrt war das Sauerkraut
ein Segen, und die Krankheit Skorbut, an der bis dahin viele Seeleute starben, verlor ihren Schrecken. In China hat
man schon viel früher Gemüse haltbar gemacht. So bekamen die Bauarbeiter, die die Große Mauer errichteten, als
Grundnahrungsmittel Reis und sauren Kohl.
Auch bekannte Dichter äußerten sich zum Sauerkraut. Ich erinnere an Wilhelm Busch und seine Witwe Bolte:
"Dass sie von dem Sauerkohle / eine Portion sich hole,
wovon sie besonders schwärmt, / wenn er wieder aufgewärmt."
Auch Eduard Mörike hatte seine Meinung:
"Was das Filderkraut so besonders macht ist seine feine Zartheit, worin es sich vor dem in anderen Gegenden gepflanzten
Kohl auszeichnet."
Somit haben wir den Bezug zur Filderebene, deren Spezialität das Spitzkraut ist, und zu Filderstadt hergestellt.
Der milde Geschmack machte das Filderkraut bekannt. Seit dem 24.10.2012 ist "Filderkraut" in der EU als geschützte
geografische Angabe (g.g.A) registriert. Nach dem letzten Weltkrieg wurden die Deutschen abschätzend als "Krauts"
bezeichnet, was uns nicht grämen sollte, denn schon immer hat Kohl die Bevölkerung gut und gesund durch schwere Zeiten
gebracht.
Quellen:
- Rothmaler Exkursionsflora
- Filderstädter Schriftenreihe Band 10, 1995
- Internet (Wikipedia.de)
Text: Brigitte Spahr, Zeichnung: Rothmaler, Foto: Filderkraut Reklame 1904, Wikipedia
März 2024: Der Kiebitz ( Vanellus vanellus )
Mit der Wahl des Kiebitzes zum "Vogel des Jahres 2024" weist der NABU auf eine stark gefährdete Vogelart hin -
andererseits wird damit ein weithin bekannter und populärer Wiesenvogel vorgestellt.
In Filderstadt kann man den Kiebitz mit seinen spektakulären Flugmanövern leider nicht mehr als Brutvogel bewundern.
Vor allem durch den B27-Neubau und die Flurbereinigung verschwanden ehemalige Feuchtflächen in Plattenhardt und Bernhausen,
feuchte Wiesen und Gräben in Sielmingen und Harthausen trockneten im Zuge des Klimawandels zunehmend aus. Deshalb sieht man
den Kiebitz bei uns nur noch als Durchzügler im Frühjahr und im Herbst.
Wie erkennt man den Kiebitz? Er ist etwa taubengroß, mit metallisch schillerndem Gefieder, mit weißem Bauch und
Hinterkopf, mit breiten, abgerundeten Flügeln und mit charakteristischer, dunkler Federhaube. Kiebitze fallen
insbesondere durch ihren pfeifenden "kie-witt"-Ruf und durch ihre unverwechselbaren, waghalsigen Flugmanöver auf.
Was ist sein Lebensraum? Der Kiebitz benötigt feuchte Wiesenflächen und/oder niederwüchsiges Ackerland. Gehölze werden
wegen dem Ansitz möglicher Fressfeinde gemieden. Durch Entwässerungen und stark intensivierte Landwirtschaft verliert er
einen Großteil seines natürlichen Lebensraums.
Wie gefährdet ist er? Er wird inzwischen als stark gefährdet eingestuft. Sein Bestandsrückgang ist dramatisch: seit
1980 ist in Deutschland die Zahl der Brutpaare um 93 % zurückgegangen!
Wovon ernährt er sich? Die Nahrung besteht überwiegend aus Insekten, deren Larven und aus Spinnen. Regenwürmer werden
nicht verschmäht; teilweise stehen auch Samen und Körner von Wiesenpflanzen auf dem Speisezettel.
Wie pflanzt er sich fort? Zwischen März und Juni legt das Kiebitz-Weibchen vier beige-braun gefleckte Eier in sein
Bodennest in Mulden und Grasbüscheln. Nach ca. vier Wochen schlüpfen die Küken; als Nestflüchter suchen sie sofort nach
Nahrung am Boden. Wenn sie nach weiteren fünf Wochen flugfähig sind, leben sie oft in lockeren Kolonien zusammen.
Wo überwintert der Kiebitz? Bei milder Witterung und dank des Klimawandels überwintern Kiebitze zunehmend in
begünstigten deutschen Gebieten. Die "klassischen" Überwinterungsgebiete liegen im Westen und Südwesten Europas.
Quellen:
- www.nabu.de
- Der Kosmos-Vogelführer (2017) Svensson, Mullarney und Zetterström
Text und Foto: Eberhard Mayer
April 2024: Die Blaue Holzbiene ( Xylocopa violacaea )
"Wenn mir doch jemand sagen könnte, welches große schwarze Insekt in meinem Garten herumfliegt. Es brummt wie eine
Hummel, sieht aber nicht aus wie diese." So erlebt in Marburg an der Lahn bei einer Stadtführung. Dem Manne konnte geholfen
werden. Es handelt sich um die Wildbiene des Jahres 2024, die Blaue Holzbiene. In Süddeutschland kennt man sie schon lange.
Durch die Klimaerwärmung hat sie sich bis in den Norden Deutschlands ausgebreitet. Sogar aus Süd-Schweden und dem Baltikum
wurden Funde gemeldet.
Die Blaue Holzbiene gehört zur Insektenordnung der Hautflügler, die durch vier durchsichtige Flügel gekennzeichnet sind.
Sie ist mit 2,8 cm Länge die größte heimische Bienenart. Sie ist kaum zu übersehen und leicht zu bestimmen. Sie gehört zu
den Wildbienen, die im Gegensatz zur Honigbiene, die oft große Völker bildet, solitär leben.
Ihre Schönheit zeigt die Holzbiene bei Sonnenschein. Dann glänzt der schwarze Panzer metallisch und die Flügel leuchten
auffällig blau. Ihren Namen bekam sie wegen ihrer Angewohnheit, Gänge und Höhlen in morsches Holz zu bohren und zu beißen
(raspeln). Ihre Kauwerkzeuge sind so kräftig, dass sie dabei richtiges Sägemehl produziert.
Futterpflanzen sind Schmetterlings-, Korb- und Lippenblütler. Falls die Honigbiene trotz ihres langen Saugrüssels
nicht an den Nektar herankommt, beißt sie gerne ein Loch in den Blütenboden und betätigt sich als Pollenräuber, denn
mit dieser Methode erfüllt sie nicht die Aufgabe der Bestäubung.
Wenn im Hochsommer an unserem Gartenzaun in Filderstadt die Breitblättrige Platterbse blüht, ist die Holzbiene ständiger
Gast. Da sie sehr unruhig von einer zarten Blüte zur anderen fliegt, ist sie kaum auf ein Foto zu bannen. Mehr Glück hat
man an stabilen Korbblütlern oder am morschen Holz.
In sonnenbeschienene Baumstämme, morsche Zaunpfähle oder Balken nagt sie mit ihren kräftigen Kiefern fingerdicke bis
30 cm lange Gänge, in denen sie ihre Nistzellen anlegt. In jede Zelle legt sie zu einem Ei eine zähe Pollenmasse als
Proviant für ihren Nachwuchs. Mit dem Verschließen der letzten Zelle ist ihre Arbeit getan. Brutpflege ist nicht. Der
Nachwuchs muss sich nun um sich selbst kümmern.
Im Juli schlüpft die nächste Generation. Während bei den meisten Wildbienen nur die Weibchen überwintern, tun dies bei
der Holzbiene beide Geschlechter in Mauerspalten oder anderen geschützten Verstecken. Erst im Frühjahr erfolgt die Paarung.
Noch Wissenswertes:
- Feinde der Holzbiene sind die Varoa Milbe und der Bienenwolf.
- Alle Bienen (Wild- und Honigbienen) haben eine große Bedeutung bei der Bestäubung von Blüten.
- Die Blaue Holzbiene ist nicht sehr häufig, aber ungefährdet.
Wenn wir in unseren Gärten ihre Futterpflanzen kultivieren und den ein oder anderen morschen Pfahl oder Baumstamm stehen
lassen, werden wir viel Freude an der schillernden Schönheit haben.
Quellen:
- NABU: Wildbiene des Jahres 2024
- Kosmos Insektenführer
Text: Brigitte Spahr, Fotos: A. Calmbacher, R. Böcker
Mai 2024: Der Blutweiderich ( Lythrum salicaria )
Diese einheimische Staude mit ausgedehnten, verzweigten, verholzten Rhizomen, aufrechten bis 1,5 m hohen vierkantigen
Blütenstängeln hat sitzende am Grunde herzförmige gegenständige Blätter. Die purpurroten/sattkarmesinroten Blüten stehen
in langen Ähren in reichblütigen Scheinquirlen in den Achseln kleine Deckblätter. Die Blüten haben 6 Kelchblätter,
6 Kronblätter, 12 Staubgefäße und einen halbunterständigen Fruchtknoten. Staubblätter und Griffel sind dreistufig lang,
so dass ein Selbstbestäuben nicht stattfinden kann.
Die prächtige Staude gedeiht am besten in feuchten Wiesen, Nassbrachen, Röhrichten und Gräben. Sie wird gern von
Insekten und verschiedenen Tagfaltern aufgesucht. Oft kontrastieren die roten Töne mit dem Weiß des Mädesüß in den
Bachauen, wenn die Wiesenmahd unterbleibt.
Auch in Gärten ist sie eine beliebte Staude die anspruchslos ist, aber feucht-nass besser gedeiht. Besonders im
Spätsommer ziert sie Wiesen und Gärten.
Text und Fotos: Reinhard Böcker
|