Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1996/1997


Der Baum des Jahres, die "Hainbuche"

Alfred Schumacher
Biotopkartierer

Die bei uns heimische Hainbuche, auch Weißbuche oder Hagebuche genannt, wird in ihrem Wuchs lange nicht so groß wie die viel bekanntere Rotbuche. Die Namen beider Buchen leiten sich von der Farbe ihres Holzes ab, die Weißbuche hat ein helles (weißes), die Rotbuche ein (rötliches) Holz. Die Weißbuche ist im Grunde gar keine Buche, sie ist mit der Birke, Hasel und der Erle verwandt, ihr lateinischer Name (Carpinus blutus) zu deutsch wie eine Birke. Diese drei Bäume tragen ähnliche längliche Kätzchen mit ihren männlichen Blütenpollen, daran ist ihre Verwandtschaft am besten zu erkennen.

In unseren heimischen Wäldern ist die Hainbuche meist ein Begleitbaum der Eiche. Durch Genügsamkeit und Anspruchslosigkeit an Boden und Lichtverhältnisse, zudem noch langsameres Wachsen gegenüber der meisten anderen Baumarten, steht die Hainbuche meist im Schatten der viel größeren, schnellerwachsenden und lichthungrigen Eichen.Durch die sehr buschig wachsenden Kronen der Hainbuchen wird der wertvolle Stamm der Eichen so stark beschattet, daß sich kaum Wasserschossen (Astaustriebe) bilden können, das heißt, der Stamm bleibt astrein und erzielt beim Verkauf dadurch einen höheren Preis. Was von den Forstämtern, (der Preis) und der Furnierindustrie, (die Astreinheit) gern gesehen wird.

Hainbuchen, Gattung (Carpinus) sind in der Nördlichen Hemisphäre mit ca. 40 kleinen und mittelgroßen Baumarten vertreten. Sie haben meist längliche, vorne zugespitzte und scharf gezähnte Blätter. Die bei uns heimische "Carpinus blutus" eignet sich auch gut für Hecken, sie hält die abgestorbenen braunen Blätter zum Teil über den ganzen Winter und bietet so einen guten Schutz gegen kalte Winde, Sicht, Staub und Autoabgase. Auch viele Tiere wie Vögel, Kleinsäuger, Insekten und Spinnen finden durch den späten Blattabfall den Winter über einen guten Flucht- Versteck- oder Aufenthaltsort in diesen dicht belaubten Hecken.

Das Holz der Hainbuche hat einige Besonderheiten, es ist zäh, hart, abriebfest und wurde daher früher von vielen holzverarbeitenden Berufen sehr geschätzt und für ganz spezielle Zwecke verwendet wie zum Beispiel vom Wagner, Drechsler und Werkzeugmacher oder auch heute noch vom Klavierbauer.

Der Drechsler fertigte aus dem Hainbuchenholz Stacheten und Handläufe Anfangs und Endpfosten der Holztreppengeländer und Balkongeländer, auch Schmuckstücke wie Konsolen oder Rosetten zur Verzierung von Holzdecken in Festhallen, Villen, Schlössern und Bauernstuben. Auch die Bettladen,- Schlaf und Wohnzimmerschränke wurden vielfach verziert und vieles vieles mehr.

Der Wagner benutzte das Holz hauptsächlich zur Herstellung der Wagenradnaben und Deichseln der damaligen landwirtschaftlichen Fahrzeuge zum Beispiel bei Erntewagen, Mistwagen auch Festwagen und Kutschen, Leiterwagen und verschiedene Handwagen.

Der Werkzeugmacher fertigte aus Hainbuchenholz verschiedene Werkzeuge, wie Dreschflegel, Rechen, Holzgabeln, Knipfel für den Steinmetz, große Holzhämmer zum Pfosten einrammen in die Erde, verschiedene Stiele für eiserne Werkzeuge wie Hammer, Axt, Schaufeln usw. Auch bei den Hobeln wurde das harte Holz verwendet, so könnte bestimmt noch vieles aufgezählt werden.

Das relativ hohe Gewicht des Hainbuchenholzes spricht schon für seine Festigkeit, der cbm wiegt ca. 700 Kg, Pappelholz dagegen nur 400 Kg. Zum weiteren Vergleich, das leichteste Holz (Balsa) wiegt im cbm 120 Kg, das schwerste, (das Pokholz) etwas über 1000 Kg, also etwas schwerer als Wasser.

In vielen Haushaltungen im ländlichen Raum wurde früher ein Stück Holz von einem starken Hainbuchenstamm als "Spaltblock" zur Zerkleinerung des Brennholzes sowie in den Metzgereien zum Zerhacken von Knochen und Fleisch verwendet.

Noch erwähnenswert sind die Holzgetriebe der wind- und wasserangetriebenen Mühlen bei welchen auch das abriebfeste Hainbuchenholz verwendet wurde. Auch heute noch in unserer modernen Welt, voller Stahl, Alu oder Kunststoff, kann man auf das Hainbuchenholz nicht ganz verzichten. Zum Beispiel beim Musikinstrumentenbau werden die Klavierhämmer heute noch aus unserer heimischen Hainbuche, (dem Baum des Jahres) gefertigt.


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