Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1996/1997Der Naturpark SchönbuchAlfred SchumacherBiotopkartierer Filderstadt |
Wir Filderstädter haben das große Glück, von der Natur zum Teil noch hautnah umgeben zu sein und am Randbereich des Schönbuchs mit den zwei Ortsteilen Bonlanden und Plattenhardt zu liegen. Dieser Schönbuch ist nicht nur irgend ein Wald, er ist eine "Perle" in der Natur. Deshalb wurde er schon vor Jahren zum "Naturpark" erhoben. Man muß wirklich weit suchen, um einen mit ihm vergleichbaren Wald zu finden, wenn man Wälder überhaupt miteinander vergleichen kann! Auch die Lage von Filderstadt zum Schönbuch ist ideal. Da unser Wetter- Luft, Wind, Regen, Sonne und Gewitter- zum großen Teil aus dem Südwesten kommt, muß es erst den Schönbuch überqueren bis es uns erreicht. Da es in der Natur keinen besseren Luftfilter gibt als den Wald, wird hier die Luft für uns gut gereinigt und zudem noch der vom Wald produzierte Sauerstoff zu uns hereintransportiert. Dies ist ein unschätzbarer Wert für uns Filderstädter in Anbetracht des geballten Autoverkehrs um uns und der Nähe des Großflughafens! Der Wohnwert in Filderstadt ohne diese Schönbuchnähe würde für uns Einwohner gewaltig sinken. Noch einen wichtigen Punkt, den der Wald uns bietet, möchte ich ansprechen: den Naherholungswert für die gestreßtn Menschen. Doch darauf komme ich später nochmals zurück.
Der Wandel des WaldesNicht nur in der Industrie, Technik und Wirtschaft hat sich in den letzten Generationen ein ungeheurer Wandel vollzogen. Das gleiche geschah auch mit unseren Wäldern. Nur wurde es von den meisten Menschen nicht so wahrgenommen. Obwohl auch hier, allerdings schon vor längerer Zeit, viele Menschen ihre Arbeitsplätze oder sogar den Beruf verloren haben. Diese Umgruppierung konnte aber damals noch von der Industrie aufgefangen werden und ist daher ohne viel Aufsehen, fast unbemerkt, geschehen.
Die Bedeutung des Schönbuchs in früheren ZeitenDer Wald als Arbeitgeber: viele Handwerksberufe lebten vom Holz des Waldes, denn der Werkstoff "Holz" wurde in früheren Zeiten vielseitig eingesetzt und verwendet. Daher gab es viele Berufe, die sich hauptsächlich mit Holz beschäftigten. Beispiele sind die:
Holzfäller
Dazu kommen noch die Förstereien, Baumschulen, die Jagd und und noch vieles mehr. Fast sämtliche hier aufgeführten Berufe ernährten sich und ihre Familien hauptsächlich von der Bearbeitung des Holzes. Zudem war der Wald eine ergiebige Einnahmequelle für Staat, Land und Gemeinden. Auch etliche Bauern verdienten sich ein Zubrot über den Winter mit ihren Pferden, indem sie Stammholz anrückten oder zur Sägemühle fuhren und Flächenlos oder Meterholz (Brennholz) aus dem Wald zum Verbraucher beförderten. In meiner Jugendzeit vor 60 - 70 Jahren gab es auf dem Land noch kein anderes Verkehrsmittel als das Pferdegespann oder den Handwagen, um etwas aus dem Wald zu holen. Wenn man bedenkt, daß zu dieser Zeit alle diese Handwerker, alle Häuser in denen mit Holz geheizt und gekocht wurde, dazu die öffentlichen Gebäude, Backhäuser, Bäckereien usw. mit Holz beliefert werden mußten, kann man sich zur Winterzeit den regen Verkehr der Pferdegespanne zum und vom Wald vorstellen. Dazu kam noch ein großer Posten Grubenholz, der zur Bahnstation gefahren werden mußte. Man sieht, daß so mancher Bauer bei diesem großen Angebot sich über den Winter sein Einkommen etwas aufbessern konnte. Doch nicht nur Brenn-, Stamm- und Grubenholz wurden im Wald geschlagen, eine andere Einkommensquelle waren die verschiedenen Stangen. Von den Bohnen- über Hopfen-, Gerüst-, Bau-, Fahnen- und Telefonstangen auch viele Stützstangen für die Obstbäume in den Streuobstwiesen. Unglaubliche Mengen von Gerüstholz brauchte man während der Aufbauzeit unserer vom Krieg zerstörten Städte und Dörfer. Damals wurden selbst die größten Häuser, Fabriken, Schlösser und Kirchen samt Türmen mit Holz eingerüstet. Zuerst mit einem Baugerüst für den Rohbau, später mit einem Gipsergerüst für die Außenfassade. Zudem wurden Gerüste für die Innenräume zum Verputzen von Gewölbe, Pfeiler, Decken und Wänden gebraucht. Viel Holz aus unserem Wald wurde auch als Schalholz für Betonarbeiten gebraucht: beim Brückenbau, bei Staudämmen, Kläranlagenbau, Hausbau, ja ganze Fabrikanlagen wurden Betoniert. Dies alles war eine enorme, fast unglaubliche Arbeitsleistung der Handwerker meiner Generation, die Trümmerhaufen wieder in Städte zu formen, schöner und größer als je zuvor.
Auch anderweitig wurde der Wald genutztEs wurde Waldgras als Futter und Laub als Streu für das Vieh geholt. Das Vieh- Ziegen, Schafe, Schweine, Fohlen, Jungvieh und Rinder wurde zur Weide in den Wald getrieben. Hier zeugen heute noch viele Abteilungsnamen davon, wie zum Beispiel: Viehweide, Jungviehweide, Viehtrieb, Fohlenweide, Saulöcher, Saurucken, Ochsenschachen und Roßhau. Auch sehr viel Reisig wurde gebraucht, für Kränze in der Adventszeit und bei Beerdigungen, oder zum schmücken der Ortschaften bei Festen der Vereine, für den Friedhof und Garten zur Abdeckung frostgefährdeter Pflanzen über den Winter. Auch viele Fichten als Weihnachtsbäume sowie Birken zum Schmücken der Kirchen und Gasthäuser, bei Konfirmationen oder Hochzeiten. Nicht zu vergessen: in den schlechten Zeiten während der Kriege und den Nachkriegszeiten wurden viele Waldfrüchte gesammelt z.B.: Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren, Haselnüsse, auch Moose, und Raschaub zur Herstellung von Backkörben usw. Doch etwas vom wichtigsten in dieser "schlechten Zeit" war die Bucheckernmast im Herbst 1946. Tausende von Menschen strömten in den Wald, zum Teil ausgerüstet mit Besen, Schaufeln, Sieben, sogar Putzmühlen wurden eingesetzt. So wurden Tonnenweise Bucheckern gesammelt zur Speiseölgewinnung. Dies war ein großer Segen für die ganze Bevölkerung rings um den Schönbuch und das sind immerhin rund fünfzig Ortschaften und einige Städte. Es gibt noch eine Waldfrucht. Auf diese will ich besonders hinweisen. Sie ist wohl die bekannteste und wichtigste zugleich, für uns Menschen und für den Wald. Es sind die Pilze. Sie werden nicht nur in den schlechten Zeiten gesammelt, denn ein Pilzgericht ist jederzeit für sehr viele Menschen eine hochwillkommene Abwechslung auf dem Tisch. Sogar in den allerbesten Zeiten und schon lange vor uns mußten die Herrenpilze (Steinpilze) sogar abgeliefert werden für die Küchen der Herrenhäuser, daher der Name "Herrenpilz". Der Schönbuch ist für Pilze ein besonders gut geeigneter Wald. Durch seine klimatisch bevorzugte Lage und die Zusammensetzung seines Baumbestands. Es gibt hier noch eine Anzahl von Altbaumbeständen, reine Eichen-, Buchen-, Fichten- oder Mischwälder sowie Lichtungen, Futterwiesen und Wiesentalauen. Die abgeflachten Hochebenen des Schönbuchs sorgen für eine gute Bewässerung, an ihren Kanten fließen viele Bächlein, eingebettet in Schluchten ins Tal. Dieses Wasser ist das A.und.O. für unsere Pilze. Der Kenner weiß, daß es übers ganze Jahr Pilze gibt, beinahe an jedem Standort. Ich hole mir selbst im tiefsten Winter mal einige Pilze frisch aus dem Wald, den Samtfußrübling oder den Austernseitling. Dies sind reine Winterpilze, welche der Frost erst zum Wachsen stimulieren muß. Ich will eigentlich hier nicht näher auf die Pilze eingehen. Wer genaueres über sie wissen will, kann sich das Heft der Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1994/1995 beim Umweltreferat im Rathaus Plattenhardt besorgen. In ihm habe ich etwas ausführlicher über unsere Pilze geschrieben. Ich will nur noch anmerken, daß ich die Zahl der verschiedenen Makropilzarten im Schönbuch auf ca. 800 Arten schätze. Ein großer Teil davon sind Speisepilze, dies ist ein sehr großes Angebot für unsere Küche zum Nulltarif. Also nicht nur Holz lieferte der Schönbuch. Unter anderem ist noch zu erwähnen der Stubensand und die harten Schilfsandsteine, die aus den vielen Steinbrüchen im Schönbuch gebrochen wurden. Sie waren bekannt weit über Württemberg hinaus. Sie wurden unter vielen anderen Baustellen am Ulmer Münster, Kölner Dom und an der Stuttgarter Stiftskirche verwendet. Auch viele Mühlsteine wurden daraus gefertigt, welche zum Teil gleich ihre Verwendung im Siebenmühlental (Reichenbachtal) fanden. Ein anderer Berufszweig, die "Hafner" in Neuenhaus (Häfnerneuhausen), auch sie holten ihren Werkstoff, den Ton zum Töpfern aus dem Schönbuch. Es wurden viele Formen von Tassen, Tellern, Töpfen, Schüsseln, Krügen, Vasen usw. hergestellt. Auch farbige Erde wurde aus dem Wald geholt als Grundstoff zur Bemalung und Beschriftung der Produkte. Es wurden dabei nur Erdfarben verwendet: weiß, gelb, braun, lila, rot, blau und grün und alle diese Farben in verschiedenen Tönungen. Eine kaum glaubhafte Palette von Farben! Die Fundstellen der farbigen Erde wurden wie ein "Augapfel" als großes Geheimnis gehütet und wurden immer nur von Generation zu Generation weitergegeben. Als die Industrie den Töpfern die Arbeit wegnahm, haben nur noch einige umgestellt auf Gartenzwerg-Herstellung. Also noch zwei Handwerkszweige lebten damals vom Schönbuch, Steinmetze und Hafner (Töpfer).
Der wirtschaftliche Niedergang des WaldesDies alles hat sich heute grundlegend verändert, wirtschaftlich ist der Wald kaum noch von Bedeutung. Die Holzpreise sind auf ein Minimum gefallen. Das Holz ist nicht mehr gefragt. Am Hausbau wird nur noch ein Bruchteil an Holz verarbeitet. Auch die Heizungen sind umgestellt auf Oel, Gas oder Elektrizität. Fässer, Kübel, Eimer und vieles, vieles andere werden heute aus Kunststoff gefertigt, Leitern und Gerüste aus Aluminium.Selbst die Fahrzeuge der Bauern werden heute in der Fabrik aus Metall hergestellt. Die meisten der Handwerksbetriebe sind ausgestorben oder sehr stark zurückgegangen. Die Industrie verdrängte die Handwerker aus der Holzbranche. Sie konnten sich nicht durchsetzen gegen diesen mächtigen und kapitalstarken Gegner. Sie waren einfach nicht mehr wettbewerbsfähig. So veränderte sich das Leben um den Schönbuch. Die Handwerker wurden zwangsläufig Fabrikarbeiter, oder sie mußten sich irgendwo eine andere Arbeit suchen. Die Industrie übernahm alles, was aus Holz hergestellt wird. Aus den Edelhölzern des Schönbuchs, wie Eiche, Buche, Ahorn, Birke oder Esche, wurden Furniere gemacht, welche unsere Möbel nur noch mit einer dünnen Schicht bedecken. Es wurden Sperrhölzer, Schaltafeln usw. Industriell hergestellt, sogar das Abfallholz wurde zu Span und Preßstoffplatten verarbeitet. Paneele zur Wand- und Deckenverkleidung und Parkett für den Bodenbelag wurde hergestellt. Auch die Papierindustrie verarbeitet massenweise Holz. Die Industrie hat das Holz aus allen Erdteilen der ganzen Welt bezogen und so den heimischen Holzpreis, durch ihre Masseneinkäufe in den Keller gedrückt. Der Schönbuch hat seine Funktion total geändert, er ist zum Erholungs- und Wandergebiet geworden. Doch dies ist für uns Menschen nicht weniger wichtig als seine frühere Aufgabe. In der näheren Umgebung des Schönbuchs wohnen nahezu 2 Millionen Menschen, in den Städten Stuttgart, Essligen, Nürtingen, Reutlingen, Tübingen, Herrenberg, Böblingen, Sindelfingen, auf den Fildern, im Gäu und im mittleren Neckartal. Dazu sind rund um den Schönbuch ca. 50 Ortschaften verteilt, welche sich in den letzten 50 Jahren alle etwa um das Fünffache in ihrer Einwohnerzahl erhöht haben. Als vor Jahren die Verlegung des Flugplatzes in den Schönbuch im Gespräch war, wurde eine Zählungsaction der Wanderer und Spaziergänger im Schönbuch veranstaltet. Dabei wurden öfters an einem Wochenende mehr als 50 000 Erholungsuchende Menschen gezählt. Man rechnet sogar damit, daß in Zukunft diese Zahlen noch ansteigen werden. Um dem Andrang gerecht zu werden, wurden in den letzten Jahren über 100 Parkplätze rund um und im Schönbuch angelegt. Viele davon sind mit Wandertafeln bestückt, die Aufschluß geben über die Sehenswürdigkeiten und über die Länge und Dauer der jeweiligen Wanderungen. Der Schönbuch ist von jeder Seite auf guten Straßen mit dem Auto zu erreichen. Man trifft auf ein Netz von über 300 Kilometer guter Wander- oder Spazierwege, die den Wald und die Wiesentäler in allen Richtungen durchziehen. Die meisten von ihnen sind markiert und bequem zu begehen, wenn nicht gerade Holz geschlagen oder abgefahren wird. Durch die vielen Parkplätze kann man von jeder Ecke aus in den Wald gelangen und so mit der Zeit den ganzen Schönbuch in voller Pracht, mit all seinen Eigenheiten und Sehenswürdigkeiten erleben und kennenlernen. Zu jeder Jahreszeit hat der Schönbuch ein besonderes Gesicht, einen besonderen Reiz. Man weiß nicht, welcher man den Vorzug geben soll. Dem Winter? Mit den vom Rauhreif überzuckerten Bäumen und Sträuchern, seinem schneeweißen daunenweichen Bodenbelag beim Neuschnee. Dem Frühjahr? Mit der erwachenden Natur, dem zarten Grün der ersten Blätter von Büschen und Bäumen und den ersten Blumen und Schmetterlingen. Dem Sommer? Mit dem vollen Leben hunderttausender von Tieren, blühender Blumen und dem schattenspendenden Laubdach der Bäume. Oder dem Herbst? Mit seiner unglaublichen Farbenpracht der sich herbstlich färbenden Laubbäume und Büsche, welche mit Worten kaum zu beschreiben ist, sowie seinem reich gedeckten Tisch an Waldfrüchten. Dies alles muß man selbst erleben, um sich dann ein eigenes Urteil darüber zu bilden. Der Schönbuch wurde im Jahr 1007 erstmals urkundlich erwähnt. Er ist geographisch eine riesige dreistufige Treppe, welche sich, von Filderstadt aus gesehen, je Stufe um ca. hundert Meter erhöht. Die erste Stufe, der Uhlberg, mit +/- 350 m, der Betzenberg mit +/- 450 m und der Bromberg mit etwas über 550 Meter. Der Bromberg ist zugleich im weiten Umkreis neben der Schwäbischen Alb die höchste Erhebung. Der Schönbuch ist auch der erste Naturpark von Baden-Württemberg, wozu er 1972 erklärt wurde. Er ist 156 Quadratkilometer groß und besteht etwa zur Hälfte aus Nadelholzbäumen wie Fichte, Tanne, Kiefer und Lärche, ein Viertel aus Buchen, um die zwanzig % aus Eichen, die restlichen fünf % teilen sich alle übrigen Laubbäume zusammen: das sind Grau- und Schwarzerlen, Birken, Weiden, Linden, Pappeln, Eschen, Feld-, Berg- und Spitzahorn, Holzapfel, Wildbirne sowie Trauben- und Vogelkirschen. Dies wird aber zur Zeit umverteilt. Den Laubhölzern wird wieder mehr Platz eingeräumt, dafür wird die Zahl der Fichten zurückgenommen. Man hat festgestellt, daß hauptsächlich die Fichten-Monokulturen dem Borkenkäfer und den in letzter Zeit gehäuft auftretenden starken Stürmen nicht gewachsen sind. Beide, Käfer und Sturm, haben auch im Schönbuch ihre Spuren hinterlassen und große Schäden verursacht. Es sind in den letzten Jahren nicht nur Wanderwege gebaut worden. Für den Wanderer und Erholungsuchenden wurden auch Spielwiesen und Feuerstellen mit Sitzgelegenheiten eingerichtet. Trimmdich-Pfade wurden gebaut und Schutzhütten für überraschende Schlechtwettereinbrüche. Das Tschernings-Häuschen wurde ausgebaut, schön eingerichtet und zusätzlich noch ein paar Großkanzeln gebaut zur Wildbeobachtung. Für die Familie mit Kleinkindern wurden Schaugehege eingezäunt, die alle mit Kinderwagen erreichbar sind. Hier kann man Rotwild, Schwarzwild, Damwild, Mufflon und Ziegen beobachten. Den Gesundheitsaposteln wurden Wassertretstellen an verschiedenen Bächlein eingerichtet. Für den Naturinteressierten sind Lehrpfade ausgeschildert worden: auf dem Betzenberg und bei Bebenhausen je ein Waldlehrpfad, auf dem Schloßberg bei Herrenberg ein Naturpfad, am Kirnberg ein geologischer und im Einsiedel ein geschichtlicher Lehrpfad. Natürlich ist der Schönbuch nicht "nur" für uns Menschen bestimmt. Lange Zeit bevor wir Menschen diese Gegend besiedelten, war der Wald schon von unzähligen Tieren bevölkert. Vor langer Zeit hausten in unseren Wäldern sogar noch Bär, Wolf und Luchs! Sie waren dem Menschen zu gefährlich und wurden ausgerottet.Aber auch heute noch ist der Schönbuch von einer unglaublichen und verschiedenartigen Menge von Tieren bevölkert. Dies sind bei der Gattung Säugetiere: Rothirsch, Wildschwein, Reh, Dachs, Fuchs, Hase, Edel-und Steinmarter, Iltis, Eichhörnchen, Igel, Hermelin, Mauswiesel, Maulwurf, Siebenschläfer, verschiedene. Spitzmäuse, Bisamratte und verschiedene arten von Mäusen. Mit etwas Glück kann man das eine oder andere dieser Tiere bei Spaziergängen durch den Wald beobachten. Doch das schönste und auch unvergeßlichste Erlebnis im Schönbuch wird wohl für jeden Waldfreund die Beobachtung der Hirsche während der Brunftzeit sein. Dafür hat die Forstverwaltung das Tscherningshäuschen eingerichtet und einige Großkanzeln aufgestellt und freigegeben zur Wildbeobachtung. Es ist immer wieder faszinierend, wenn man sieht, wie ein Platzhirsch hocherhobenen Hauptes, dieses geziert mit einem mächtigen Geweih, mit seinen Kühen aus dem Wald auf eine Futterwiese zieht, dabei unaufhörlich röhrt (der Brunftschrei) und bestrebt ist, seinen Harem zusammenzuhalten und jeden Nebenbuhler, der sich gerne annähern möchte, auf Distanz hält. Dies gelingt aber nicht immer, wenn ein vermeintlich gleichstarker, oder gar noch stärkerer Hirsch den Platz betritt, kommt es unweigerlich zum Kampf. Ein Schauspiel, das seinesgleichen sucht. Es kann sich bei einigermaßen gleichstarken Gegnern über eine längere Zeit hinziehen, bis einer aufgibt und das Feld räumt. Dem Sieger gehört anschließend immer der Harem und der Platz, was dieser dann auch lautstark kundtut. Der König der Wälder, wie der Hirsch oft genannt wird, hat aber nicht nur gute Seiten. Wenn der Bestand, die Stückzahlen zu hoch werden, macht er großen Schaden an den Bäumen, er schält die Stämme, meist noch junger Fichten. Diese werden anfällig für Krankheiten, bekommen die Rotfäule und können nicht mehr als Nutzholz verwendet werden, das heißt, sie verlieren viel an Wert. Was aber noch schlimmer ist, sie gehen auch an Buchen, Eschen usw. Wenn man jetzt noch bedenkt, daß oft Rudel von 20 und mehr Hirschen beieinander sind, kann man sich den Umfang des Schadens vielleicht vorstellen. Das Schwarzwild, die Wildschweine, verhalten sich anders als der Hirsch.Sie leben wohl auch in Rudeln, sind aber nicht so standorttreu. Tagsüber verstecken sie sich meist in Dickichten vor uns Menschen und verhalten sich ruhig. Bei Nacht werden sie um so lebendiger. Der Wald wird kreuz und quer durchstreift bei der Futtersuche und man sieht am andern Tag schon von weitem, wo sie gehaust haben. Große Flächen sind umgegraben und durchwühlt, was aber vom Förster nicht ungern gesehen wird, denn hierdurch wird Luft und Humus in den Boden eingebracht. Die Wildschweine sind selten längere Zeit an einem Platz. Sie ziehen weit umher und es kann vorkommen, daß sie in einer Nacht vom Schönbuch bis zur Schwäbischen-Alb ziehen, wobei der Neckar sowie der Zaun um den Schönbuch kein großes Hindernis ist. Bei ihren Wanderungen außerhalb des Waldes stellen sie in der Landwirtschaft oft beträchtlichen Schaden an, unter anderem in den Kartoffel- und Maisäckern. Hier werden dann die Versicherungen der Jagdpächter gefordert. Das Reh ist ein naher Verwandter vom Hirsch, aber kleiner und zierlicher als dieser. Es hebt sich auch in seiner Lebensweise in manchen Dingen vom Hirsch ab. Das Reh ist selten in Rudeln zusammen, meist sind sie nur zu zweit oder dritt beieinander. Dies hängt viel mit dem Nahrungsangebot zussammen. Hier unterscheiden sich Reh und Hirsch stark voneinander. Der Hirsch frißt sich schnell den Wanst voll, mit allem, was da grünt. Er begnügt sich auch mit Rinden und Fichtenzweigen usw. Und weil er ein Rudeltier ist, benötigt er bis alle satt sind, ein sehr großes Revier. Dies ist beim Reh nicht so. Sein Äsungsverhalten ist ganz anders. Es ist ein Schleckermaul, liest sich die feinsten Kräuter aus. Frißt da ein Kräutchen, dort ein paar Blättchen, knabbert einige Knospen, am anderen Busch einen frischen Trieb. So zieht das Reh, langsam äsend, oft stundenlang durch den Wald. Sein Revier ist auf wenige hundert Meter im Quadrat beschränkt. Wenn es nicht vertrieben wird, ist es sehr standorttreu. Das Reh ist wohl das beliebteste Tier bei uns Menschen. Es ist sehr scheu, schön und ungefährlich, doch am beliebtesten sind seine Jungen, die Kitze, bekannt in aller Welt als "Bambi". Das männliche Reh, der Rehbock, ist auch ein Geweihträger wie der Hirsch. Natürlich sind die Geweihe der Rehböcke bedeutend kleiner als die der Hirsche.
Die Insekten im SchönbuchDer Schönbuch wird mit einer Heerschar von Millionen Insekten bevölkert, von Tausenden verschiedener Arten. Sie werden von uns Menschen in nützliche und schädliche eingeteilt, z.B. nützlich: die Ameisen; schädlich: die Borkenkäfer. Die Käfer stellen wohl den größten Anteil der Insekten im Schönbuch. Es gibt Tausende verschiedene Arten. Der größte und zugleich auch einer der seltensten unter ihnen ist der Hirschkäfer. Er ist durch die Sammelleidenschaft und zu starke Aufräumung der Eichenalthölzer durch uns Menschen fast ausgerottet. Zu den Insekten zählen auch alle Ameisen, Wildbienen, Hummeln, Fliegen, Schnaken, Mücken, Milben, Grashüpfer usw. Die schönsten unter ihnen sind die Libellen (über sie habe ich im Heft der Filderstädter Mitteilungen für Umwelt und Naturschutz 1995/1996 geschrieben) und die Schmetterlinge, genauer gesagt die Tagfalter. Deshalb habe ich diesen in den über 50 Jahren meiner Wanderungen im Schönbuch meine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Unter den unzähligen Tagfaltern, die ich im Schönbuch gesehen und Kartiert habe, waren um die 40 verschiedene Arten aus allen Familien. Die Bläulinge, Dickköpfe, Weiß- u. Gelblinge, Augen-, Flecken-, Edel- und Ritterfalter. Es ist immer wieder ein Erlebnis für alle Wanderer oder Spaziergänger, hauptsächlich wenn Kinder mit dabei sind, diese fliegenden Edelsteine beim Sonnenschein auf einer blühenden Wiese im Golderbachtal zu bewundern. Oder wenn im Spätsommer bald auf jeder Kohldistel in den Feuchtwiesen der Talauen ein großer Kaisermantel, ein Pfauenauge, Admiral, C-Falter oder Distelfalter sitzt und seine Flügel in voller Farbenpracht in der noch wärmenden Sonne ausbreitet.
Die Vögel im SchönbuchVon sehr vielen Vogelarten wird der Wald gerne angenommen, denn er bietet ein fast unerschöpfliches Angebot an Nahrung für sie alle, ob Körner-, Samen-, Insekten-, Fleisch- oder Allesfresser. Der Schönbuch stellt auch die verschiedensten Lebensräume (Biotope) für sie zur Verfügung, welche jede Vogelart für sich benötigt. Beispiele sind Bäche für Wasseramsel, Bachstelze, Eisvogel und Zaunkönig Große Bäume, die Wohnung, Nahrung und Schutz für viele Arten bieten, wie Zilpzalp, Wintergoldhähnchen, Fitis, Waldlaubsänger usw. An den Stämmen der Bäume suchen ihre Nahrung die Wald- und Gartenbaumläufer, Kleiber und unter anderem alle Spechtarten. In der Strauchschicht tummeln sich die Garten- Mönchs- und Dorngrasmücken, Gelbspötter, Nachtigall und die verschiedenen Meisen. Die Waldränder dienen zur Jagd der verschiedenen Greifvögel wie Bussard, Habicht, Würger usw. welche bei Nacht von den Eulen abgelöst werden. Auf dem Boden suchen wieder andere ihre Nahrung, z.B.: Drosseln, Amseln, Finken, Rotkehlchen und Ammern. Ähnlich verteilen sie sich auch die Reviere beim Nestbau, damit sie sich nicht in die Quere kommen. Sobald der Winter vorbei ist und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen den Wald durchfluten, beginnt das Vogelkonzert, das den Frühling einläutet. Die heimischen Vögel fangen an sich zu paaren, und bald gesellen sich auch noch die Zuzügler aus fernen Ländern dazu. All ihre Stimmen geben dem Wald das akustische Leben, erfüllen ihn mit dem Jubilieren, das wir Menschen mit Frühlingserwachen bezeichnen.
Die Pflanzen im SchönbuchWenn in den Teichen im Schönbuch die Hochzeit der Lurche ihren Höhepunkt erreicht, öffnen auch die ersten Pflanzen ihre Blüten und laden die zu dieser Zeit noch seltenen Insekten zum Schmaus ein. Die Frühblüher müssen die Zeit nutzen, bevor sich die Bäume und Büsche belauben. Sie brauchen das volle Licht und den freien Zugang für ihre Bestäuber. Schon im März, wenn kaum der Schnee geschmolzen ist, beginnen die ersten Pflanzen zu blühen. Den Anfang macht das Märzenblümchen (der Huflattich), bald folgen Veilchen, Anemonen, Scharbockskraut, Lerchensporn, Primeln, Lungenkraut, Bärlauch usw. Sogar ein Strauch ist unter den ganz frühen Blühern, der Seidelbast. Er wird fast ausschließlich von Tagfaltern bestäubt, welche den Winter im Falterstadium überleben und deshalb schon bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen umherfliegen. Dies sind der Kleine-Fuchs, C-Falter, Pfauenauge, Zitronenfalter und, wo noch vorhanden, der Große- Ffuchs und der Trauermantel. Mit der Länge der Tage und Erwärmung durch die Sonne erwacht dann explosionsartig die Pflanzenwelt: Gräser, Farne und Kräuter schießen aus dem Boden. In und um die Teiche blühen die Sumpfdotterblumen, Teich- und Seerosen, Lilien, Mädesüß, Blutweiderich, Krebsschere, Igelkolben, Schwanenblume usw. Die Talwiesen färben sich im Blumenschmuck der Margeriten, Kuckucksnelken, Trollblumen, Skabiosen, Glockenblumen, Hahnenfuß, Klappertopf, verschiedene. Klee- und Distelarten, Schafgarbe, wilde Möhre, Lichtnelke, Wiesenkerbel und viele, viele andere. Auch wenn ich mich kurz fassen muß, so hat es eine Pflanzenfamilie noch verdient, erwähnt zu werden, die Orchideen. Sie sind verstreut über den ganzen Schönbuch anzutreffen, denn je nach Art suchen sie sich einen ganz bestimmten Lebensraum aus. Im Feuchtgebiet, Halbtrocken- oder Trockenrasen, sonnig, halbschattig und sogar im Schatten, auch auf Kalk- oder saurem Boden gedeihen sie. So findet man je nach Standort das Manns-, Gefleckte, Breitblättrige, Fleischrote, oder das Bleiche-Knabenkraut sowie die Waldhyazinthe, Mückenhändelwurz, Weißes-Waldvögelein, die verschiedene. Stendelwurzarten, die Nestwurz usw. Ich habe um die zwanzig Orchideenarten im Schönbuch gesehen. Aber der Wald mit seiner Umgebung ist groß und wer weiß, was er noch in sich birgt. Unter den Pflanzen im Schönbuch befindet sich eine große Zahl von Heilkräuter, es würde zu weit gehen, hier alle aufzuzählen. Vielleicht einige sehr giftige, vor welchen man die Kinder warnen sollte, wie Tollkirsche, Einbeere, Wolfs-Eisenhut, Seidelbast, Heckenkirsche, Bittersüßer und Schwarzer-Nachtschatten, Bilsenkraut und roter Fingerhut. Auch unter den Pilzen im Schönbuch gibt es sehr giftige. Hier kann man nicht vorsichtig genug sein. Man liest in den Zeitungen bald jedes Jahr von tödlichen Pilzvergiftungen, welche hauptsächlich auf den Verzehr von Knollenblätterpilzen zurückzuführen sind. Es gäbe noch eine ganze Menge über die Pflanzen im Schönbuch zu schreiben; aber dies würde den Platz in diesem Heft sprengen. Mit diesem kleinen Artikel möchte ich aufmerksam machen auf die Schönheit der Natur, das vielfältige Leben im Schönbuch und auf die Wunder, die sich heute noch für jeden, der mit offenen Augen im Schönbuch wandert, offenbaren. Man kann nur andeutungsweise die wirkliche Schönheit des Waldes beschreiben. Beim selber erleben wird man feststellen, daß der Schönbuch schöner ist als jede Beschreibung. Der Erlebniswert: ich habe den Wandel des Schönbuchs in kurzen Zügen beschrieben und vielleicht klargestellt, daß sein heutiger Wert, seine heutige Nutzung, für die Menschen in seiner näheren Umgebung mehr Vorteile bringt als je zuvor. Denn schon die Schönheit des Schönbuchs mit seiner Fülle von botanischen und geologischen Sehenswürdigkeiten, seiner Tier- und Pflanzenwelt, sind bei jeder Wanderung ein neues Erlebnis. Erholungswert: die gestreßten Menschen in unseren Industrie- und Ballungsgebieten um den Schönbuch suchen in ihrer Freizeit Ablenkung und Erholung. Sie suchen nach Freiheit aus den Verdichtungsräumen. Beispiel bei uns in Filderstadt: die immer dichtere Bebauung, Industrie, Lärm und Gestank durch den immer mehr anwachsenden Verkehr, die Autobahn, B/27, Vergrößerung des Flughafens, also mehr Flugverkehr und was in nächster Zukunft noch alles auf uns zukommt. So oder ähnlich ist es um den ganzen Schönbuch. Also was bietet sich den gestreßten Menschen in ihrer Freizeit da besseres an als die Flucht in den Schönbuch? Die Größe des Waldes gibt ihnen das Gefühl der Befreiung, des Ungestörtseins und der Stille. Nirgendwo kann sich Körper und Geist besser erholen als mitten in der Natur, in der Waldesruh. Gesundheitswert: das ständige Arbeiten in Fabrik- oder Büroräumen, dazu noch Mangel an Bewegung, Sauerstoff und Sonnenlicht, führen oft zu frühen Erkrankungen bei den Menschen. Dazu kommen noch der zunehmende Lärm, Gestank und der mit gesundheitsschädigenden Partikeln geschwängerten Luft, welcher wir fortwährend ausgesetzt sind. Dadurch sind viele Krankheiten explosionsartig angestiegen, z.B.: Atemwegsleiden, Erkältungen, Herz- und Kreislaufbeschwerden, sowie Stoffwechselkrankheiten bis hin zum Krebs. Hier hilft uns etwas der Doktor "Wald." Es ist bewiesen und wird von vielen Ärzten auch empfohlen, möglichst viel in den Wald mit seiner sauerstoffreichen Luft zu gehen, denn das Waldklima ist ein Heilklima und wirkt oft lindernd oder gar heilend bei mancher Krankheit. Daher kann man nur empfehlen, auch wenn man sich gesund fühlt, sich oft und viel im Wald zu bewegen, schon als vorbeugenden Schutz gegen Krankheiten an Körper und Geist. Der Naturpark Schönbuch mit den rund fünfzig Ortschaften, die ihn umgeben
Anmerkung:
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