Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1994/1995Einiges zum Wanderverhalten von Blaumeisen
Roland Mack |
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Seit 1986 werden im Gebiet Sandbühl, Herrenholz und Gutenhalde
Blaumeisen planmäßig beringt. Ab 1992 wurde das
Untersuchungsgebiet auf die Haberschlaigegend und 1993 den
Bechtenrain und die Uhlberghalde ausgedehnt. Die Vögel werden als
Nestlinge in Nistkästen, an Schlafplätzen und Futterstellen
beringt.
Brutvögel
Fänglinge an Schlafplatz und Futterstellen
Nestlinge
* Die Alters- und Geschlechtsbestimmung ist bei der Blaumeise nicht ganz einfach. Während man relativ leicht das Alter feststellen kann: diesjährig, vorjährig und nicht vorjährig ist die Bestimmung des Geschlechts wesentlich schwieriger. In Zweifelsfällen wurde deshalb darauf verzichtet.
Wiederfänge von BrutvögelnDie Vögel Nr. 1 und 2 - beides Weibchen - wurden als Brutvögel beringt. Beide wurden im folgenden Jahr an fast derselben Stelle wieder brütend angetroffen. Hier kann von Reviertreue gesprochen werden. Ein anderer ornithologischer Begriff für dieses Verhalten ist ortsstet - in der Schule lernten wir dafür Standvogel.
Wiederfänge von NestlingenDer Nestling Nr.10 wurde im Hemmenreich/Sandbühl beringt und 8 Monate später an der Uhlberghalde wiedergefangen. Er hatte zu diesem Zeitpunkt 1,5 km (Luftlinie) in südwestlicher Richtung zurückgelegt. Der Nestling Nr.11 wurde im Bechtenrain/Plattenhardt beringt und 8 Monate später ebenfalls an der Uhlberghalde wiedergefangen. Er hatte zu diesem Zeitpunkt 2,4 km (Luftlinie) in östsüdöstlicher Richtung zurückgelegt. Die drei anderen als Nestlinge beringten Blaumeisen blieben mehr oder weniger in der näheren Umgebung ihres Geburtsortes. Die fünf Wiederfänge zeigen, daß ein Teil der als Nestlinge beringten Vögel den Geburtsort verläßt. Die Ornithologen sprechen dann von Dismigration, einem Wanderverhalten, das auch zur Verbreitung der Art beiträgt. Die Zugrichtung der beiden Jungvögel verläuft genau entgegengesetzt. Ein anderer Teil der Jungvögel siedelt sich in der näheren Umgebung an (Nr. 12-14).
Wiederfänge an Schlafplatz und Futterstellen7 der wiederkontrollierten Blaumeisen wurden als Fänglinge am Schlafplatz oder an Futterstellen beringt. Die Vögel Nr. 3-5 und 9 blieben im Gebiet, in dem sie beringt wurden. Es sind also Vögel mit ortstreuem Verhalten. Generell gilt für die Blaumeise als Art, daß bei ihr alle Abstufungen vom Standvogel über starke Dismigration (vor allem bei Jungvögeln) bis zum Zug- und Invasionsvogel vorkommen. Die vier Wiederfänge gehören also zu den Standvögeln. Ganz sicher ist dies jedoch nicht, hat es doch schon Blaumeisen gegeben, die in zwei aufeinanderfolgenden Jahren in mehr als 80 km entfernten Gebieten gebrütet haben, um dann im dritten Jahr wieder in ihr ursprüngliches Brutgebiet zurückzukehren. Beachtenswert ist der Vogel Nr. 6 : er wurde im Januar 88 in der Gutenhalde beringt und vier Jahre später bei einer Nachtkontrolle im Nistkasten 214 im Sandbühl angetroffen. Er war zu diesem Zeitpunkt 4,5 Jahre alt. Vogel Nr. 7 zeigt ein Wanderverhalten von der Gutenhalde (März 88) in Richtung Aichtal-Aich, wo er drei Jahre später unterhalb der Erddeponie wiedergefangen wurde. Sehr interessant ist die Blaumeise Nr. 8. Sie wurde im Dezember 90 im Gebiet Stollenhalde, einem großen Streuobsthang zwischen Neckartailfingen und Neckarhausen, an einer Futterstelle beringt und im Februar 93 im Pfaffenhau unterhalb dem großen Bombachtalviadukt wieder kontrolliert. Das Männchen war zu diesem Zeitpunkt 3 Jahre und sieben Monate alt und hatte eine Strecke von 5 km (Luftlinie) in westlicher Richtung zurückgelegt. Leider können keine Aussagen über sein Brutverhalten und den weiteren Aufenthalt gemacht werden. Der Wiederfang an der Futterstelle läßt darauf schließen, daß sich der Vogel hier im Winter aufhält. Er wird wahrscheinlich als Jungvogel seinen Geburtsort verlassen und sich in der Gegend des Pfaffenhaus angesiedelt haben. Sein Verhalten zählt dann zur Jungvogeldismigration, einer Wegzugsbewegung der Jungvögel aus dem Geburtsort.
ZusammenfassungDie 14 Wiederfunde von beringten Blaumeisen spiegeln das differenzierte Wanderverhalten der Blaumeise als Art wieder. Es gibt standorttreue Tiere und Tiere, die als Jungvögel den Geburtsort verlassen. Dabei wurden Strecken (Luftlinie) von 1,5 km, 2,4 km und 5 km zurückgelegt. Die Zugrichtungen sind beliebig. |