Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1993


Wildorchideen in Filderstadt

Alfred Schumacher
Biotopkartierer Filderstadt

Ein kleiner Einblick über die Arbeit der Biotopkartierer von Filderstadt

Ein Großteil unserer Arbeit geschieht unbemerkt von der Öffentlichkeit. Das hat einen bestimmten Grund. Würden wir zum Beispiel genaue Angaben machen über die von uns eingerichteten Nistplätze für Eulen, Eisvögel oder Wasseramseln, wäre der Andrang der Neugierigen so groß, daß die Vögel die Lust am Einzug in diese Nistplätze verlieren würden. So oder ähnlich wäre es auch bei seltenen Pflanzen. Aus diesem Grund werde ich auch hier keine genauen Standortangaben machen über das Vorkommem unserer heimischen Wildorchideen.

Seit gut zehn Jahren habe ich mich auf die Suche gemacht, auch in unserer näheren Umgebung, eine der schönsten und interessantesten Pflanzenfamilien unserer Erde zu erkunden. Ich wollte feststellen, wie viel verschiedene Arten von Wildorchideen in meiner engeren Heimat "in Filderstadt" noch tatsächlich vorhanden sind. Bis heute (1993) habe ich die 15 (neu 16) folgenden Arten festgestellt:

VogelnestwurzNeottia nidus - avis
Großes ZweiblattListera ovata
Weiße SumpfwurzEpipactis palustris
Violette StendelwurzEpipactis purpurata
Müllers StendelwurzEpipactis muelleri
Breitblättrige StendelwurzEpipactis helleborine
Braunrote StendelwurzEpipactis atrorubens
Gefleckte KnabenkrautDactylorhiza maculata
Blasses KnabenkrautOrchis pallens
Breitblättriges KnabenkrautDactylorhiza majalis
MückenhändelwurzGymnadenia conopsea
Weiße WaldhyazinthePlatanthera bifolia
Weißes WaldvögeleinCephalanthera damasonium
FliegenragwurzOphrys insectifera
BienenragwurzOphrys apifera
Neu: Kriechendes Netzblatt    Goodyera repens

Dies erhebt aber keinen Anspruch auf die Erfassung aller Arten bei uns in Filderstadt, denn Wildorchideen wachsen versteckt. Sie können auch viele Jahre, bei Umwandlung ihres Biotops, ausbleiben und dann, wenn sich ihr Lebensraum wieder einstellt, plötzlich wieder erscheinen. Einige Arten von ihnen sind auch so unscheinbar in ihrer Pflanze und Blüte, daß sie meist "selbst aus nächster Nähe" übersehen werden. Um sie zu finden, braucht man nicht nur Glück, wichtiger ist ein geschultes Auge und das Wissen, welche Lebensräume jede Art für sich beansprucht.

Ich war überrascht und auch ein wenig stolz, soviel verschiedene Arten in einer so dicht besiedelten und großstadtnahen Gegend zu finden.

Die Vogelnestwurz

(Neottia nidus-avis)

Der Name bezieht sich auf den Wurzelstock, der aus einem kurzen kriechenden Rhizom besteht, welcher mit fleischigen, unverzweigten Wurzeln "vogelnestförmig" besetzt ist. Die Vogelnestwurz sondert sich in einigen Merkmalen von unseren anderen heimischen Orchideen ab. Ihre ungewöhnliche Farbe ist an der ganzen Pflanze gleichmäßig "gelb-braun", sie weist nur Spuren von blattgrün auf, vor allem im Blütenstand, und ist dadurch bei der Nahrungsaufnahme auf die Hilfe von Wurzelpilzen angewiesen. Die Vogelnestwurz ist aber kein Schmarotzer, sie ist eine Moderpflanze ein "Saprophyt" und wird vielfach als Orchidee nicht erkannt. Der runde, steife Stengel ist zirka 20 - 35 cm hoch und wird von vier bis fünf scheidigen Schuppenblättern umgeben, "die Laubblätter fehlen dieser Pflanze ganz". Der nach Honig duftende, bis zu 15 cm hohe Blütenstand weist eine lockere bis mäßig dichte Traube auf, Die untersten Blüten stehen etwas vereinzelt. Die Einzelblüten sind ziemlich groß. Bei ihrer genaueren Betrachtung sieht man, daß die Vogelnstwurz eine "echte' Orchidee ist. Die lange Lippe ist am unteren Ende gespalten und weist zwei große rundliche Lappen auf.

Die Blütenzeit der Nestwurz ist von Juni bis August; sie wird aber auf Grund ihrer gelbbraunen Farbe leicht übersehen, da diese sehr dem modernden Laub ähnelt. Sie wächst hauptsächlich im Buchenwald, auf kalkhaltigem Boden, einzeln oder in kleinen Gruppen. Sie wird von Fliegen bestäubt, gelegentlich auch durch Selbstbestäubung. Eine Eigenheit dieser Orchidee ist, daß sich ihre vertrockneten Fruchtstände mit den leeren Samenkapseln, oft noch Jahre lang, aufrechtstehend halten und durch ihre dunklere Farbe dann eher gesehen werden.

Bei diesen Orchideen leitet sich der Name vorn unterirdischen Teil der Pflanze ab.

Das große Zweiblatt

(Listera ovata)

Eine schlanke Pflanze, von 20 bis über 60 cm hoch, mit nur zwei breit ovalen Blättern (namengebend). Der Stengel ist rund, ziemlich hoch und ganz fein behaart. Er wird am Grund von drei Schuppenblättern umgeben. Anschließend kommen die beiden gegenständigen Laubblätter, sie sind etwas vom Boden abgerückt, etwa 3 bis 5 cm breit und 10 bis 12 cm lang. Die Blütenähre ist langgestreckt und meist vielblütig, es können bis über 60 Blüten sein. Die Farbe dieser Blüten ist sehr unscheinbar, grün mit etwas Braun und gelblicher Tönung. Ihre Perigonblätter (Sepalen und Petalen) neigen sich zusammen zu einem offenen Helmchen. Die Zunge ist tief zweispaltig, bis zu 15 mm lang und ohne Sporn. Die Blütenzeit reicht von Ende Mai bis in den Juli hinein. Die Blüten werden vorzugsweise von Käfern, Fliegen und kleinen Schlupfwespen besucht. Diese Orchidee ist anspruchslos in der Wahl ihres Standorts. Sie gedeiht auf trockenen und feuchten Wiesen im Laub und Mischwald, im Gebüsch und auf Heiden. Daher ist es nicht verwunderlich, daß sie eine unserer häufigsten Orchideen ist.

Es gibt in Mitteleuropa nur zwei Arten aus der "Listera-Familie". Das hier beschriebene große Zweiblatt und das kleine Herz-Zweiblatt, auch Moor oder Berg-Zweiblatt genannt. Dies ist ein ganz zierliches kleines Pflänzchen, mit nur 5 bis 15 cm Höhe. Seine zwei Blättchen sind dreieckig-herzförmig und es wächst nur im Gebirge, auf Moos, im Moor und in dunklen, feuchten Nadelwäldern. Es wird aber durch seine unscheinbare Farbe und seiner Kleinheit oft übersehen; außerdem ist es auch sehr selten. Die Schönheit der Blüten beider Zweiblatt-Orchideen kommt erst bei einer Betrachtung mit der Lupe richtig zur Geltung.

Weiße Sumpfwurz

(Epipactis palustris)
Echte Sumpf-Stendelwurz

Der Name dieser Orchidee leitet sich vom lateinischen palus = Sumpf ab. Er nimmt auch bezug auf die Lebensweise und den Standort, sowie auf den deutschen Namen (Sumpfwurz). Allerdings sind in unserer näheren Umgebung die Sümpfe recht selten und die weiße Sumpfwurz muß sich auch mit einem ab und zu gut durchfeuchteten Kalkboden begnügen. Sie kann mit ihrem langen, kriechenden und ausläuferbildenden Rhizom sehr schöne Bestände bilden; aber sie reagiert auf Trockenlegung sehr empfindlich. Die Pflanze wird zwischen 20 und 50 cm hoch, hat einen etwas kantigen und oben fein behaarten Stengel, der bis über die Mitte hinaus von 4 bis 8 länglich-lanzettlichen Laubblättern begleitet wird. Der Blütenstand ist sehr locker, mit meist einseitswendigen und hängenden 6 bis 15 Blüten, die ziemlich groß sind; die größten in der Stendelwurzfamilie (und diese bringt es immerhin auf gut 15 Arten in Mitteleuropa). Die Blüten der weißen Sumpfwurz setzen sich, wie jede andere Orchideenblüte, aus sechs Blütenblättern zusammen, den drei äußeren Kelchblättern (Sepalen), den zwei inneren Kronblättern (Petalen) und der Lippe (Labellum). Die drei Sepalen sind fein behaart und braunrot überlaufen, sie stehen eine nach links, eine nach oben und eine nach rechts ab. Die zwei kleineren Petalen sind weißlich und am Grund rosa überlaufen. Die Lippe ist ziemlich auffällig zweigeteilt. Der Vorderteil ist sehr beweglich, relativ groß und am Rand wellig gekerbt. Die Farbe des Vorderteils ist weiß und ist am Grund mit zwei gelben Leisten gezeichnet. Der hintere Teil ist napfartig und an den hochstehenden Seitenlappen rot gestreift. Der Napf ist mit Nektar gefüllt und mit einem schmalen Band mit dem Vorderteil verbunden. Die Blütenzeit der weißen Sumpfwurz ist im Juni-Juli, sie wird von Bienen, Fliegen und Wespen bestäubt; aber nicht selten gibt es auch Selbstbestäubung.

Die violette Stendelwurz

(Epipactis purpurata)

Die violette Stendelwurz ist ein weiterer Vertreter der Epipactis-Arten und wohl die am häufigsten vorkommende bei uns in Filderstadt. Sie ist am Stengel, an den Blättern und am Blütenstand purpur-violett überhaucht; was ihr wohl den Namen "violette Stendelwurz oder Epipactis purpurata" eingebracht hat. Der Stengel ist kräftig, steif-aufrecht, oft 60 bis 80 cm hoch und am Grund mit einigen Schuppenblättern besetzt. Die 6 bis 10 Laubblätter sind deutlich kleiner wie bei der breitblättrigen Stendelwurz, mit welcher sie bei oberflächlicher Betrachtung verwechselt werden kann. Die Blätter sind spiralig am Stengel angeordnet und hauptsächlich an der Unterseite stark purpur-violett überlaufen. Die Blütenähre ist langgestreckt und relativ dicht besetzt. In der Zusammensetzung ihrer Einzelblüte gleicht sie den meisten Epipactisarten. Die Farbe der Blüten ist etwas heiler als die anderen Pflanzenteile, die Sepalen und Petalen sind grünlich-weiß und die Lippe rosa überhaucht. Die Blütenzeit beginnt erst im August, einige Wochen später als alle übrigen Epipactisarten, sie blühen bis spät in den Herbst hinein. Dies ist ein Merkmal, an welchem die Violette Stendelwurz am besten zu erkennen ist. Sie wächst in dichten Mischwäldern an schattigen Stellen, sogar noch in dunklen Fichtenwäldern. Sie ist die Stendelwurz, welche die stärkste Beschattung ertragen kann.

Die Müllers Stendelwurz

(Epipactis muelleri)

Die Müllers Stendelwurz ist ziemlich selten, auch bei uns in Filderstadt. Ihr Verbreitungsgebiet ist auch viel kleiner als das der bisher beschriebenen Epipactisarten. Sie ist eine Vorgebirgsorchidee, denn ihr Vorkommen beschränkt sich auf die Höhe unterhalb 1000 m. Ihr Lebensraum sind lichte Wälder, verbuschte Magerrasen und Waldsäume. Sie gedeiht nur im Halbschatten und auf kalkhaltigen Böden.

Unterscheidungsmerkmale von den anderen Stendelwurzarten sind u.a. die bedeutend schmäleren und meist am Rand gewellten Blätter. Der napfartige hintere Teil der Lippe ist dunkler gefärbt. Ihre Blüten sind glockenartig nach unten geneigt und öffnen sich nie ganz. Sie ist selbstbestäubend.

Die breitblättrige Stendelwurz

(Epipactis helleborine)

Die breitblättrige Stendelwurz ist eine recht kräftige Pflanze und auch wohl die größte der Epipactisarten. Sie wird nicht selten bis zu einem Meter hoch. Auch ihr Verbreitungsgebiet ist das größte der Epipactis-Arten, es umfaßt Europa, Asien und Nordafrika. Das trägt wohl mit dazu bei, daß sie die häufigste aller Stendelwurzarten ist. Sie stellt zudem wenig Ansprüche an den Boden, das heißt, sie wächst fast überall; auf Kalk, leicht sauren Böden sowie in feuchten und trockenen Gebieten. Dies beschränkt sich aber nur auf den Wald. Die breitblättrige Stendelwurz ist eine ausgesprochene Waldpflanze, sie braucht Schatten oder wenigstens Halbschatten. Wie bei allen anderen Stendelwurzarten sind am Stengelgrund zuerst einige Schuppenblätter, darüber 4 - 10 große " breite " Laubblätter ( namengebend ). Sie sind rauh und abstehend, mit deutlicher paralleler Nervenzeichnung. Die Blütenähre ist lang und vielblütig, die Einzelblüte relativ groß und bei voller Entwicklung weit geöffnet. Die Blütenfarbe ist grünlich, die Petalen und Lippe sind mehr oder weniger rosa überhaucht. Der Vorderteil der Lippe ist herzförmig und an der Spitze leicht zurückgeschlagen. Die Hinterlippe ist wie bei allen Stendelwurzarten napfartig, dunkel gefärbt und mit Nektar gefüllt. Die Blüten werden meist von Faltenwespen bestäubt. Die Blütezeit ist von Juni bis August. Der Standort der breitblättrigen Stendelwurz ist im Halbschatten und Schatten in lichten Laubwäldern und Nadelwäldern, auch im Gebüsch und vielfach an den Waldwegerändern. Sie wird wegen ihrer unscheinbaren Blütenfarbe dennoch oft übersehen.

Eine Eigenart dieser Orchidee ist, daß sie oft Sprosse ohne Blüten ausbildet. Bei uns in Filderstadt ist sie eine der häufigeren Orchideen.

Die braunrote Stendelwurz

(Epipactis atrorubens)
auch Strandvanille

Der Name dieser Art bezieht sich auf ihre Blütenfarbe "braunrot" auch violett oder purpurrot. Die Pflanze kann sehr groß werden, 60 bis 80 cm hoch; was allerdings bei den Stendelwurzarten keine Seltenheit ist. Der Stengel wird am unteren Teil von einigen Schuppenblättern bedeckt. Anschließend von 5 bis 10 steif nach oben stehenden ziemlich großen, eiförmig bis breitlanzettlichen und zugespitzten Laubblättern begleitet. Sie stehen meist zweizeilig am Stengel, die Unterseite der Laubblätter und der obere Teil des Stengels sind vielfach rötlich-violett überlaufen. Der Stengel ist oft kurvig gewachsen und flaumig behaart, er endet in einem ziemlich lockeren und meist reichblütigen Blütenstand. Die Blütenähre ist langgestreckt und kann gut bis zu zwanzig Blüten aufweisen, die aber ziemlich klein und meist einseitswendig am Stengel angeordnet sind. Die Blüten sind abstehend bis nickend und duften fein nach Vanille, was der Orchidee auf den Sanddünen der Ostsee den Namen "Strandvanille" eingebracht hat. Die Einzelblüten sind klein, ihre 3 Sepalen und 2 Petalen sind ziemlich gleich groß, bilden aber kein Helmchen, sie breiten sich leicht glockig über der Narbe aus. Die gleichfarbige Lippe ist zweigeteilt und ragt nicht nach unten aus der Blüte heraus. Der vordere Teil ist rundlich, die Spitze meist zurückgeschlagen und am Grund mit zwei gekräuselten Höckern versehen. Der hintere Teil ist napfartig, er bildet eine tiefe Schale, die voller Nektar ist, was verschiedene Insekten zur Bestäubung anlockt. Das goldgelbe Säulchen in der Mitte der Blüte ist auffällig und charakteristisch für die Epipactisarten. Die braunrote Stendelwurz blüht bei uns von Ende Mai bis Juli und bevorzugt steinige trockene Kalkböden, hauptsächlich in Kiefern- und Fichtenwäldern.

Das gefleckte Knabenkraut

(Dactylorhiza maculata)

Diese Orchidee ist wohl eine der allgemein bekanntesten. Ihr Name das "gefleckte Knabenkraut", der geläufigste unter den Knabenkrautarten. Doch in Wirklichkeit ist sie wohl eine der am schwersten zu bestimmenden Orchideen. Keine andere Art ist in ihrer Formenvielfalt so verwirrend oder in ihrer Blütenfarbe so gefächert. Es gibt auch bei keiner anderen Art so viele Bastarde und Kreuzungen wie beim gefleckten Knabenkraut. Die Pflanze ist schlank, 20 bis 60 cm hoch, zum Teil noch viel höher. Sie hat einen meist etwas kurvig gewachsenen und mit Mark gefüllten Stengel. Die typisch gefleckten Blätter sind namengebend bei diesem Knabenkraut. Allerdings ist dieser Name irreführend, weil auch andere Knabenkrautarten gefleckte Blätter aufweisen. Der Blütenstand ist zylindrisch und mehr oder weniger dichtblütig. Die Farbe der Blüten geht über hell- bis dunkelviolett auch ins Rosa über rot bis purpurrot, seltener auch ins Weißliche. Das mittlere Sepal bildet mit den Petalen ein Helmchen (dies ist typisch bei allen Knabenkräutern), die zwei anderen Sepalen stehen rückwärts nach oben ab. Die Lippe ist teils stark, teils schwach dreilappig und mit Linien und Flecken gezeichnet. Der Sporn ist zylindrisch und kurz, leicht abwärts gebogen. Die Blütenzeit ist bei uns in Filderstadt von Juni bis Juli. Das gefleckte Knabenkraut stellt sehr wenig Ansprüche an seinen Standort und ist daher wohl eine der häufigsten Orchideenarten in Mitteleuropa. Sie gedeiht in Wäldern, auf Magerrasen, Mooren, Heiden, auf trockenen und nassen Wiesen, sowie auf sauren wie kalkhaltigen Böden.

In Filderstadt ist das gefleckte Knabenkraut sehr selten, ich habe bis jetzt nur zwei Exemplare gefunden.

Das blasse Knabenkraut

(Orchis pallens)

Der Name weist auf die zarte, blaßgelbe Blütenfarbe hin. Diese Orchidee ist ein Frühblüher, schon im Frühjahr, wenn die Laubbäume ihr zartes Grün erscheinen lassen, öffnet das blasse Knabenkraut seine blaßgelben, für uns Menschen nicht angenehm duftenden Blüten. Durch ihr frühes Erscheinen "April bis Mai" kommt es öfters bei Spätfrösten an den Pflanzen zu empfindlichen Schäden, daß sogar die Blütenbildung ausfallen kann. Die Orchidee sieht kräftig aus, wird zwischen 15 und 40 cm hoch. Ihre vier bis sechs ungefleckten Blätter stehen rosettig am Grund des Stengels, der noch von ein bis zwei scheidenartigen Stengelblättern begleitet wird. Die Blütenähre ist zylindrisch und reichblütig, die Einzelblüten sind ziemlich groß und duften vor allem abends und nachts, (Nachtfalterbestäubung). Wie bei allen Knabenkräutern besteht die Blüte aus dem obligatorischen Helmchen der drei Sepalen, den zwei Petalen die seitlich nach oben abstehen und der großen, leicht dreilappigen Lippe. Die einfarbige Lippe setzt sich mit einem dunkleren Gelb vom oberen Teil der Blüte ab. Der Sporn ist walzenförmig, kurz und aufwärts gebogen. Ihr frühes Erscheinen und das dunklere Gelb ihrer Lippe sind die Hauptmerkmale dieser Orchidee.

Das blasse Knabenkraut ist eine relativ seltene Orchidee, die im Flachland wenig vorkommt, sie ist eine Orchidee höherer Lagen. Um so verwunderlicher ist es, daß sie bei uns in einer Population von ca. 30 bis 40 Exemplaren vorkommt.

Die unterirdischen Pflanzenteile der heimischen Orchideen sind Speicherorgane für die Überwinterung der Pflanze. Das Aussehen jeder Art ist verschieden. Es gibt runde und eiförmige Knollen, rübenartige und bandförmig gespaltene Knollen und Rhizome, die langgestreckt, vogelnest- oder korallenartig sind.

Das breitblättrige Knabenkraut

(Dactylorhiza majalis)

Diese Orchidee ist eine stattliche, schon von weitem auffallende Pflanze. Sie ist kräftig und gedrungen und kann bis über 50 cm hoch werden. Ihr dicker Stengel ist kantig und hohl, mit breiten Laubblättern (namengebend) vom Boden bis zum Blütenstand besetzt. Die Blätter sind meist stark dunkelpurpur gefleckt, 2-5 cm breit und 6-16 cm lang. Der Blütenstand ist zylindrisch, vielfach über 10 cm hoch und kann bis zu 50 Blüten aufweisen. Die Farbe der Blüten ist rosarot bis purpurrot mit dunklen Flecken und Linien auf der Lippe. Die Petalen neigen sich helmartig zusammen und ihre seitlichen Sepalen sind aufwärts gerichtet. Die Lippe ist breiter als lang und dreilappig, der kleine walzenförmige Sporn ist schwach abwärts gebogen. Die Blütenzeit des breitblättrigen Knabenkrauts, dauert bei uns von Mai bis Juni. Ihr Lebensraum sind kalkhaltige Naßwiesen, Quellfluren und Moore.

Das breitblättrige Knabenkraut ist in meiner Jugendzeit noch ziemlich häufig auf Filderstädter Markung vertreten gewesen. Zum Beispiel im Bombachtal, nördlich der Scherlachhecke, im Zeilergarten und Steinenfurt, um nur einige Standorte zu nennen.

Heute ist diese Orchidee auf all diesen Standorten verschwunden und für immer ausgestorben. Sie wird wohl die am stärksten in Mitleidenschaft gezogene Orchidee durch die extreme Bewirtschaftung der Wiesen sein. Sie ist erstickt im meterhohen Gras, der Samen fand kein Licht und kaum noch Boden im dichten Grasbewuchs, der durch Kunstdüngereinsatz entstand. Ihr Hauptlebensraum "die Feuchtwiesen" wurden trockengelegt. Hier mußte das breitblättrige Knabenkraut und mit ihm noch viele andere Wiesenblumen, den Platz verlassen auf Kosten des Futtergrases.

Das breitblättrige Knabenkraut ist, im Gegensatz zu unseren anderen Orchideen, eine ausgesprochene Wiesenpflanze. Dies wurde ihr in Filderstadt zum Verhängnis.

Diese Ausarbeitung enthält im Original zahlreiche Illustrationen und Handzeichnungen


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