Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1997/1998Amphibienerhebung für die Stadt FilderstadtEberhard MayerBiotopkartierer Filderstadt |
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1. EinleitungIm Rahmen der Biotopkartierung und dem Aufbau eines Biotopverbundsystems in Filderstadt wurden mehrere Spezialkartierungen und Artenhilfsprogramme für die hiesige Tier- und Pflanzenwelt durchgeführt bzw. erstellt:
Kartierung der Streuobstwiesen, Flächendeckende Erhebungen des Tierbestandes für Amphibien, Reptilien und Laufkäfer wurden bereits im Umweltschutzprogramm aus dem Jahr 1988 und im STEP-Abschlußbericht 1996 (AG. Ökologie und Landwirtschaft) gefordert. Im gleichen Jahr beantragte die Gruppe der Biotopkartierer im Umweltbeirat eine Bestandserhebung und Erarbeitung von Schutzmaßnahmen für Amphibien (Lurche) in Filderstadt. Die wichtigsten Gründe dafür waren: 1. In Baden-Württemberg sind die Amhibienbestände in den vergangenen 40 Jahren um rund 90 % zurückgegangen! Alle 18 einheimischen Amphibienarten (Salamander, Molche, Frösche, Kröten, Unken) sind in zunehmendem Maße in ihrem Bestand gefährdet. Bestes Beispiel ist der Laubfrosch, den man heute kaum noch in freier Natur beobachten kann und der deshalb unseren Kindern fast nicht mehr bekannt ist. 2. Amphibien sind Zeiger-Arten (Indikatoren) für funktionsfähige Komplexe aus geeigneten Laichgewässern und naturnahen Jahreslebensräumen. Sie sind außerdem Anzeiger für Gewässergüte durch die Ansprüche ihrer Entwicklungsstadien vom Ei (Laich) über die Larve (Kaulquappe) bis zum erwachsenen Lurch. Die Kenntnis ihrer Verbreitung ermöglicht daher erste Einblicke in die lokale Verteilung und Qualität von Tiergemeinschaften dieser Landschaftselemente. 3. Die exakte Erfassung ist unabdingbare Voraussetzung für die Erarbeitung lokaler und regionaler Schutzkonzepte und Verbundsysteme (z.B. Vorschläge zu Verbesserungen an vorhandenen Biotopen, Vernetzungen mit anderen Gewässern, evtl. Anlage neuer Biotope, Beseitigung von Todesfallen im Straßenverkehr und in Abwassersystemen). 4. Bei einer kreisweiten Aufnahme der Amphibienbestände in den Jahren 1985 bis 1989 wurden zwar Kartierungen auch auf der Gemarkung Filderstadts durchgeführt. Die Daten sind jedoch nach mindestens 8 Jahren zu aktualisieren. Hinzu kommt, daß vor allem kleinere Gewässer einer ständigen Dynamik unterliegen. Seit damals sind insbesondere in den Waldgebieten neue Laichgewässer entstanden, deren Amphibienbestand noch unbekannt ist.
5. Amphibien, vor allem Kröten, haben auch Bedeutung als
Regulatoren für land- und Der Umweltbeirat beschloß, die Bestandserhebung und das Artenhilfsprogramm für Amphibien in zwei getrennten Phasen und unter Leitung eines Experten zu erarbeiten. Für 1997 wurde die Durchführung der Amphibienkartierung (Bestandsaufnahme) vorgesehen; in der 2. Phase (1998) soll dann die Auswertung und Erstellung des Artenhilfsprogramms erfolgen. Um die Projektkosten möglichst niedrig zu halten, wird die Erfassung bzw. Bestandserhebung in 1997 (1. Phase) mit freiwilligen, örtlichen Mitarbeitern abgewickelt.
2. Untersuchungsgebiet und Methode2.1 Das Untersuchungsgebiet Die zu untersuchende Fläche der Stadt Filderstadt teilt sich auf in die beiden völlig unterschiedlichen Naturräume Filderebene und Schönbuchrand: Zur Filderebene gehören die gesamten Offenlandschaften der Gemarkungen Bernhausen, Harthausen und Sielmingen; hinzu kommen die Feldfluren Bonlandens und Plattenhardts. Die Filderebene ist meist intensiv landwirtschaftlich genutzt und weist einen hohen Anteil an Verkehrs- und Siedlungsflächen auf. Die Filderebene besitzt deshalb nur eine unterdurchschnittliche Dichte an Biotopen und potentiellen Laichgewässern. Zum Schönbuchrand zählen sämtliche Waldgebiete Filderstadts sowie Hanglagen und Bachauen der Gemarkungen in Bonlanden und Plattenhardt. Wegen des Waldanteils und weil die Besiedlung noch nicht so verdichtet ist wie auf der Filderebene, liegt die Anzahl der potentiellen Laichgewässer und damit die Biotopdichte erheblich höher als auf der Filderebene. 2.2 Methode der Amphibienerhebung Die Bestandserhebung in 1997 erfolgte mit ehrenamtlichen, örtlichen Mitarbeitern (Biotopkartierer, NABU-/BUND-Mitglieder, interessierte Bürger, Jugendgruppen, Biologie-AGs aus Filderstädter Schulen) und unter Anleitung von Experten des NABU-Kreisverbands (Herr Deuschle) sowie der Unteren Naturschutzbehörde (Herr Dr. Bauer). Durch die Beteiligung von Jugendgruppen und Schulklassen bei der Amphibienerhebung konnte ein pädagogischer Effekt und die Heranführung Jugendlicher an den Naturschutz erzielt werden. Nach einer theoretischen und zwei praktischen Einweisungen führten die beteiligten 17 Einzelpersonen und 3 Jugendgruppen die Erhebungen zwischen März und September 1997 mit großer Begeisterung durch. Für die eigentlichen Kartier- und Erfassungsarbeiten wurde dieselbe Erhebungsmethode wie bei der kreisweiten Erfassung angewandt: Auf der Basis der topographischen Karte 1:25.000 (MTB 7321/7320) wurde die Fläche Filderstadts zunächst in Raster eingeteilt und anschl. die potentiellen Laichgewässer (Biotope) innerhalb der Rasterflächen fortlaufend durchnumeriert. Jedes Laichgewässer wurde im Frühjahr bzw. Frühsommer durchschnittlich dreimal auf die Anwesenheit von Amphibien untersucht. Dabei wurden die Ergebnisse in vorbereitete Formulare des NABU-Kreisverbands eingetragen und auch das besuchte Laichgewässer beschrieben und dokumentiert.
3. Vorläufige Ergebnisse der Amphibienerhebung 19973.1 Aufwand Ingesamt wurden 91 verschiedene Biotope (= potentielle Laichgewässer) untersucht. Dabei fanden 270 Begehungen = Aufnahmen in diesen Biotopen statt; d.h. durchschnittlich drei Aufnahmen je Biotop. Geht man von einem Zeitaufwand von mindestens 30 Minuten je Aufnahme aus, so sind insgesamt etwa 150 Kartierstunden ehrenamtlich geleistet worden. 3.2 Naturräume und Biotope Die 91 potentiellen Laichgewässer verteilen sich wie folgt auf die beiden Naturräume:
Filderebene = 31 Biotope (ca. 1/3 aller Biotope)
3.3 Von Amphibien besiedelte Biotope:
Diese Zahlen belegen eindeutig die unterschiedliche Qualität der beiden Naturräume: Während auf der Filderebene nur 39 % der potentiellen Laichgewässer durch Amphibien besiedelt wurden, erhöht sich der entsprechende Anteil am Schönbuchrand auf immerhin 73 %! 3.4 Die 1997 nachgewiesenen Amphibienarten Bei den Aufnahmen im Jahr 1997 wurden folgende 10 Amphibienarten nachgewiesen: Feuersalamander, Bergmolch, Teichmolch, Fadenmolch, Gelbbauchunke, Erdkröte, Grasfrosch, Springfrosch, Seefrosch, Kleiner Wasserfrosch / Teichfrosch (Wasserfrosch-Komplex). 3.5 Verteilung der Arten Von den nachgewiesenen Amphibienarten verteilen sich die Vorkommen wie folgt auf die Naturräume bzw. Biotope:
Die Amphibienarten mit der höchsten Anzahl besiedelter Biotope waren also Bergmolch, Fadenmolch, Grasfrosch und Erdkröte. Die geringste Verbreitung wiesen Seefrosch, Springfrosch, Feuersalamander und Gelbbauchunke auf. Erwartungsgemäß gab es keine Vorkommen von Kammolch, Kreuz- und Wechselkröte. Leider ist offensichtlich auch der Laubfrosch nicht mehr in Filderstadt vertreten!
4. Kurzbeschreibung der nachgewiesenen AmphibienartenFeuersalamander (Salamandra salamandra)
Der größte unserer Schwanzlurche (bis etwa 20 cm Länge!)
ist mit seinem schwarz-gelb gefleckten Körper gleichzeitig
auch der am auffälligsten gefärbte Lurch. Er ist überwiegend
nachtaktiv; nur bei feuchtwarmem Wetter (z.B. nach Gewitterregen)
kann man ihn auch tagsüber sehen. Bergmolch (Triturus alpestris)
Eine zur Balzzeit prachtvoll gefärbte Molchart mit leuchtend
orangerotem Bauch. Die Männchen besitzen dann eine blaugraue
Oberseite mit niedrigem Rückenkamm, während die Weibchen
eine graubraune bis grünliche Oberseite ohne Kamm aufweisen.
Teichmolch (Triturus vulgaris)
Während die Männchen im Hochzeitskleid gut an ihrem
hohen Kamm zu erkennen sind, können Weibchen und Jungtiere
leicht mit dem ähnlichen Fadenmolch verwechselt werden. Fadenmolch (Triturus helveticus)
Bei der kleinsten Molchart besitzt das Männchen im Hochzeitskleid
einen kurzen Faden am abgestutzten Schwanzende und ist an der
Oberseite stark getupft. Das Weibchen ist verschwommener gefleckt
und ähnelt stark dem Teichmolch-Weibchen. Gelbbauchunke (Bombina variegata)
Diese Unke wirkt mit ihrer warzigen, graubraunen Oberseite wie
eine kleine Kröte. Allerdings besitzt sie einen flacheren
Körperbau sowie einen auffälligen, gelb gefleckten Bauch.
Während der Balzzeit kann man die klangvollen "u-u-u"-Rufe
hören. Erdkröte (Bufo bufo)
Nur zur Laichzeit ist die bräunlich gefärbte Erdkröte
tagaktiv; anschließend führt sie ein nacht-aktives
"Landleben". Die Weibchen sind bei dieser Amphibienart
deutlich größer als die Männchen, die jedoch klar
in der Überzahl sind. Zum Ablaichen finden richtiggehende
Krötenwanderungen statt; dabei werden Tausende von Eiern
in langen Schnüren abgelegt. In der Regel wird dazu das eigene
Geburtsgewässer aufgesucht. Grasfrosch (Rana temporaria)
Der Grasfrosch zählt zu den "Braunfröschen"
und ist an seinem dunklen Schläfenfleck gut zu erkennen.
Oft beginnt er schon Ende Februar / Anfang März mit dem Ablaichen;
die an der Oberfläche schwimmenden Laichballen sind leicht
zu sehen. Springfrosch (Rana dalmatina) Dieser langbeinige Bruder des Grasfrosches wurde überraschend an einem Gewässer der Uhlberghalde entdeckt. Bei uns sehr selten; bevorzugt Waldgebiete, kommt noch inselhaft im nahegelegenen Schönbuch vor. Kl. Wasserfrosch / Teichfrosch (Rana lessonae / Rana esculenta)
Teichfrösche sind Hybridformen (Kreuzungen) zwischen Kleinem
Wasserfrosch und Seefrosch. Alle 3 Arten werden den sogenannten
"Grünfröschen" zugeordnet, die stark an Gewässer
gebunden und sehr ruffreudig sind (Froschkonzerte). Die Färbung
ist grünlich; im Gegensatz zu den "Braunfröschen"
besitzen sie keinen Schläfenfleck. Kl.Wasserfrosch und Teichfrosch
sind nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden; sie sind deutlich
kleiner als der Seefrosch und bevorzugen auch kleinere Gewässer
als dieser. Seefrosch (Rana ridibunda)
Seefrösche sind beinahe doppelt so groß wie die nahe
verwandten Wasser- bzw. Teichfrösche. Die Fleckung ist viel
deutlicher als bei den beiden anderen Arten zu erkennen.
5. Schlußbemerkung und DanksagungDie im Jahr 1997 durchgeführte Amphibienerhebung war eine aufwendige, aber für alle aktiven Teilnehmer interessante und lehrreiche Aktion, die einige neue und überraschende Erkenntnisse lieferte. Zu loben ist der ehrenamtliche Einsatz aller Einzelpersonen und Jugendgruppen, der letztendlich zu aufschlußreichen Erfassungsdaten geführt hat. Die hier aufgezeigten Ergebnis-se sind zunächst grobe, statistische Aussagen. Die detaillierte Auswertung der Aufnahmeprotokolle wird durch beauftragte Experten erfolgen, wobei möglicherweise 1998 noch einige ergänzende, gezielte Nachkartierungen erforderlich sein werden. Erst nach der detaillierten Auswertung werden auch qualifizierte Aussagen zur Bestandsentwicklung, Verbreitung und Gefährdung der Amphibienarten vorliegen. Erwartet werden dann auch konkrete Vorschläge zu Vernetzungsmöglichkeiten der bestehenden Biotope und zu Verbesserungsmaßnahmen an den einzelnen Laichgewässern, die letztlich zu einem Amphibienschutzprogramm zusammengefaßt werden sollen. Es ist beabsichtigt, über diese qualifizierte Auswertung zu gegebener Zeit in Kurzform und im Rahmen unserer Jahreshefte wieder zu berichten. Unser Dank gilt allen an der Amphibienerhebung Beteiligten: Wolfgang Birnbaum, Kurt und Waltraud Böhme, Ruth Dralle, Ruth Gugg, Martin Kellner, Thomas Krämer, Manfred Lieb, Peter Maasdorff, Eberhard Mayer, Gertrud Miehlich, Tobias Rausch, John-Ingvar Reimers, Alfred Schumacher, Hartmut und Brigitte Spahr, Jürgen Staffeldt, Carsten Wagner, Stefan und Melanie Unte. Hinzu kommen Steffen Huth und die BUND-Jugendgruppe, Andreas Köppel und die Bio-AG des Eduard-Spranger-Gymnasiums sowie Manuel Werner und die Bio-AG der Realschule Seefälle. Zu besonderem Dank sind wir Herrn Jürgen Deuschle vom NABU-Kreisverband Esslingen verpflichtet, der uns sehr fachkundig und geduldig angeleitet und durchs Amphibienjahr begleitet hat. Auch Herrn Dr. Bauer vom Landratsamt Esslingen und den MitarbeiterInnen des städtischen Umweltschutzreferats gebührt Dank für die gewährte Unterstützung. Nicht zuletzt möchten wir uns bei Revierförster Genkinger für seine Bereitschaft und sein Verständnis für die in den Waldgebieten durchgeführten Amphibienkartierungen bedanken. Literatur:
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