Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1991


Schleiereulen - auch in Filderstadt bedroht

Eberhard Mayer
Biotopkartierer Filderstadt / DBV Filderstadt

Schleiereulen sind in ihrem Bestand landesweit bedroht; in Baden-Württemberg sind sie in der "Roten Liste" als stark gefährdet eingestuft. Als eine der vier bei uns vorkommenden Eulenarten benötigt die Schleiereule auch in Filderstadt unsere Unterstützung. Darüber hinaus lohnt es sich, sich mit dieser interessanten Vogelart näher zu befassen.

Wer ist die Schleiereule?

Sie trägt ihren Namen aufgrund des herzförmigen, weißen Gesichtsschleiers, der sie von allen anderen Eulenarten deutlich unterscheidet. Große Augen und seidenweiches Gefieder sind weitere Merkmale, welche die Schleiereule zusammen mit dem hervorragenden Gehör zur Jagd in Dämmerung und Dunkelheit befähigen. Als Nachttier und wegen der schauerlichen Schnarch- sowie Kreischlaute erschien die Schleiereule dem Menschen schon immer als geheimnisvoll, ja sogar unheimlich. Aus Unwissen und Aberglaube entstand manche zweifelhafte Geschichte oder Erzählung. Vereinzelt wurde die Schleiereule sogar regelrecht verfolgt; während der "guten, alten Zeit" wurde sie an manches Scheunentor genagelt, um Unglück und böse Geister vom Hof fernzuhalten.

In Wirklichkeit ist die Schleiereule für den Menschen, insbesondere für die Landwirte, ein sehr nützliches Tier. Als "Kulturfolger" wählt sie ihre Brutplätze fast ausschließlich innerhalb menschlicher, ländlicher Siedlungen. Sie ernährt sich zu 95 % von Kleinsäugern wie Feldmäusen, Spitzmäusen, Ratten usw. In einer einzigen Nacht fängt ein Schleiereulen-Paar für sich und seine Brut ca. 25 Mäuse!

Warum ist die Schleiereule so gefährdet?

Die Bestandsbedrohung hat mehrere Ursachen. Die wichtigste ist wohl der Verlust an Brutplätzen: Kirchtürme, alte Ruinen, Höfe, Scheunen sowie alte Dachstühle wurden entweder renoviert oder sogar abgerissen. Auch Lebensraumverluste, z.B. durch großflächige Bebauung der früher landwirtschaftlich genutzten Flächen (gerade in Filderstadt!), durch Intensivierung der Landwirtschaft oder durch Umbruch von Wiesen in Ackerland, sind weitere Gefährdungsursachen. Hinzu kommen zahlreiche Unfallopfer entlang von Straßen und Schienen sowie eine ganz natürliche Bedrohung: Schleiereulen sind sozusagen wenig "winterhart". Sie können sich nicht - wie andere Tiere - ein Fettpolster anlegen; somit sind sie total abhängig vom Nahrungsangebot an Mäusen, ihrer Hauptnahrung. Bei hoher Schneedecke und länger anhaltendem Dauerfrost fällt diese Nahrungsquelle aus und es entsteht eine hohe Wintersterblichkeit. Im Jahrhundertwinter 1962/63 kamen bis zu 90 % der Schleiereulen um! Zwar versucht die Natur, diese herben Verluste in den Folgejahren wieder durch größere Gelege sowie Mehrfachbruten auszugleichen. Dies gelingt aber nur bei gutem Nahrungsangebot und außerdem nur dann, wenn nicht mehrere harte Winter hintereinander auftreten.

Wie kann man der Schleiereule helfen?

Vor allem benötigt die Schleiereule ein genügend großes Angebot an Brutplätzen und ruhigen Tageseinständen. Das hat man auch in Filderstadt frühzeitig erkannt und in der ersten Hälfte der 80er-Jahre montierte die "Junge FUW" zusammen mit der Forstverwaltung acht Nistkästen in verschiedenen landwirtschaftlichen Anwesen. Auch die meisten der örtlichen Kirchtürme wurden mit Nisthilfen ausgestattet. Erfolge stellten sich rasch auf einigen Bauernhöfen ein. Mitte bis Ende der 80er-Jahre erweiterten dann die Biotopkartierer das Brutplatzangebot durch Montage zusätzlicher Nistkästen in Höfen, aber auch in Feldscheunen und älteren Anwesen der alten Ortskerne.

Eine weitere Unterstützung für die Schleiereule ist die Hilfe bzw. Fütterung während harter Winterzeiten. Sehr wichtig ist dann eine Einflugöffnung in Höfen und Scheunen, damit die Eulen auch im Innern jagen können. Bei extremen Wetterlagen kann im Freien - außerhalb des Dorfes - ein Futterplatz mit Getreidespreu und Saatgetreide angelegt werden: die dadurch angelockten Mäuse werden dann zur Beute für die hungernden Eulen.

Situation der Schleiereulen in Filderstadt

Die nachfolgenden Angaben gehen zurück auf Aufzeichnungen der Stadtverwaltung (Liegenschaftsamt) sowie auf Erhebungen der Biotopkartierer, außerdem natürlich auf Aussagen der "beherbergenden" Landwirte. Einigermaßen verläßliche Bestandszahlen gibt es erst seit 1989, als die Biotopkartierer flächendeckend die Beobachtung und Betreuung der Nistkästen bzw. Brutplätze übernahmen. Natürlich konnten in die Zusammenstellung nur die uns bekannten Brutplätze bzw. Einstände aufgenommen werden; es ist nicht auszuschließen, daß weitere, uns bisher nicht gemeldete Vorkommen existieren (wir hoffen es sogar!).

 
1989
1990
1991
  Ber Bon Har Pla SieBer Bon Har Pla SieBer Bon Har Pla Sie
Anzahl Nisthilfen:
in Aussiedlerhöfen
in Feldscheunen
in Höfen innerorts
sonst. Gebäude innerorts
in Kirchtürmen
 
   -    1    1    2    1
   1    -    1    3    -
   1    1    -    -    1
   -    -    -    -    -
   1    1    -    1    1
 
   -    1    1    2    2
   1    -    1    3    -
   1    1    -    -    1
   -    -    -    -    -
   1    1    -    1    1
 
   -    2    1    2    2
   1    1    1    3    -
   1    1    -    -    1
   -    1    -    -    -
   1    1    -    1    1
Summe Nisthilfen:    3    3    2    6    3    3    3    2    6    4    3    6    2    6    4
Anzahl Bruten:
in Aussiedlerhöfen
in Feldscheunen
in Höfen innerorts
sonst. Gebäude innerorts
in Kirchtürmen
 
   -    1    1    ?    -
   -    -    -    -    -
   -    1    -    -    -
   -    -    -    -    -
   -    -    -    -    -
 
   -    1    1    1    -
   -    -    1    -    -
   -    1    -    -    -
   -    -    -    -    -
   -    -    -    -    -
 
   -    2    -    -    -
   -    -    -    -    -
   -    1    -    -    -
   -    -    -    -    -
   -    -    -    -    -
Summe Bruten:    -    2    1    ?    -    -    2    2    1    -    -    3    -    -    -

Erläuterung: Ber - Bernhausen, Bon - Bonlanden, Har - Harthansen, Pla - Plattenhardt, Sie - Sielmingen

Zusammenfassend kann man aufgrund dieser Zahlen folgendes feststellen:

  • Zum Bruterfolg: 1990 war ein verhältnismäßig gutes Brutjahr in Filderstadt. Aus fünf Brüten schlüpften insgesamt neunzehn Jungvögel. Allerdings gab es dabei hohe Verluste: drei Plattenhardter Jungeulen fielen dem Marder zum Opfer und in Harthausen verendeten in einer Feldscheune alle vier Jungvögel an Rauchvergiftung (nach Brandstiftung).
    1991 gab es nur noch drei Brüten in Filderstadt mit insgesamt zehn Jungvögeln, die vermutlich alle ausflogen. Eine Ursache für den Rückgang ist evtl. im Verlust von Brutpartnern zu suchen (einige Einzeltiere in früher bewohnten Nistkästen deuten darauf hin). Insgesamt gab es noch Einzelvorkommen an sechs verschiedenen Plätzen (mit gelegentlichen oder regelmäßigen Einständen).

  • Die beliebtesten Brutplätze befinden sich in Aussiedlerhöfen. Auch in Feldscheunen und in innerörtlichen Höfen gibt es noch Brutvorkommen. Dagegen wird kein einziger Kirchturm Filderstadts mehr von Schleiereulen bebrütet, es gibt also bei uns weder "evangelische" noch "katholische" Schleiereulen. In den meisten Kirchtürmen haben sich inzwischen Turmfalken angesiedelt.

  • Die meisten der uns bekannten Brüten existieren im Raum Bonlanden/Harthausen, auch in Plattenhardt gibt es einzelne Vorkommen. Schlecht sieht es im Stadtteil Bernhausen aus (Flughafen? Autobahn?). Auch aus Sielmingen liegen kaum Daten vor, obwohl sich dort noch verhältnismäßig viele Bauernhöfe im Ort befinden: hier wäre wohl am ehesten mit bisher noch nicht bekannten Vorkommen zu rechnen.

  • Insgesamt ist der Bestand an Schleiereulen in Filderstadt noch nicht befriedigend. Durch erweitertes Nistplatzangebot wurden zwar erste Erfolge erzielt, die Schutzmaßnahmen müssen jedoch längerfristig weiterbetrieben werden. Lobenswert zu erwähnen sind die erfreulich positiven Kontakte zu den meisten angesprochenen Landwirten (nur ein einziger Bauer "wollte mit den Eulen nichts zu tun haben").

Meldungen über Beobachtungen sowie Anregungen und Wünsche in Bezug auf Nistkasten-Montagen werden gerne angenommen von:

Biotopkartierer Filderstadt (Adressen im Amtsblatt)
Stadtverwaltung Filderstadt (Umweltschutzreferat).


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