Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1992Fledermäuse - die unbekannten WesenE.Mayer und Th.KrämerBiotopkartierer Filderstadt, BUND Filderstadt |
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Leben und Verhaltensweisen unserer Fledermäuse sind dem Normalbürger weithin unbekannt, denn sie sind nachtaktiv und verbringen die kalte Jahres-zeit im Winterschlaf. Hätten Sie gewußt, daß diese Tiere nicht lautlos, sondern mit Ultraschall und Echolot jagen? Daß ihre Nahrung ausschließlich aus Insekten, darunter vielen Kulturschädlingen besteht? Obwohl die Tiere also für uns sehr nützlich sind, werden sie oft verfolgt. Die Bestände der Fledermäuse sind aber auch aus anderen Gründen extrem gefährdet (siehe Abschnitt Gefährdungsursachen).
Allgemeine BestandssituationIn Baden-Württemberg stehen - wie auch im übrigen Deutschland - die Fledermäuse an der Spitze aller gefährdeten Tierarten; sie bilden die mit Abstand am stärksten gefährdete Säugetiergruppe überhaupt. Von den 22 in Deutschland nachgewiesenen Fledermausarten kommen bzw. kamen 19 Arten auch in Baden-Württemberg vor. Nach Untersuchungen der "Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz in Baden-Württ." gelten davon 4 Arten als verschollen bzw. ausgestorben, 9 Arten als vom Aussterben bedroht, 4 Arten als stark gefährdet und auch die restlichen beiden Arten immer noch als gefährdet:
Kategorie 0 (verschollen, ausgestorben):
Kategorie l (vom Aussterben bedroht):
Kategorie 2 (stark gefährdet):
Kategorie 3 (gefährdet):
Vor allem in den Jahren zwischen 1950 bis 1980 haben sich die Bestände unserer Fledermäuse in erschreckendem Maße verringert. Einige Arten sind inzwischen bei uns ausgestorben, andere haben teilweise um bis zu 90 Prozent abgenommen. Begründet wird dieser drastische Arten- und Bestandsrückgang mit verschiedenen Gefährdungsursachen.
GefährdungsursachenZerstörung von Quartieren: Abriß oder Renovierung alter Gebäude; Zumauern und Verschließen von Höhlen, Stolleneingängen, Bunkern und Gebäuden; Fällen oder Sanieren alter Bäume mit entsprechenden Höhlen. Störungen in den Quartieren: Auf- oder Verscheuchen von Muttertieren kann zum Tod der Jungtiere führen (Sommerquartier); Störungen im Winterschlaf und in der Kälte belasten die Energiereserven und den Kreislauf und sind deshalb besonders gefährlich. Gifteinsatz: Pflanzenschutzmittel vernichten Insekten, welche die Nahrungsgrundlage aller Fledermäuse bilden. Oft werden die Giftstoffe auch im Körper der Tiere aufgenommen und reichern sich dort an. Sehr kritisch ist die Verwendung von Holzschutzmitteln bei Dachstuhlsanierungen usw.; Lindan-haltige Produkte stellen eine tödliche Gefahr dar, wenn die Tiere mit dem behandelten Gebälk in körperlichen Kontakt geraten. Nur unbedenkliche Mittel verwenden (Liste ist im Umweltreferat erhältlich!) und nur zwischen November und März einsetzen! Zerstörung von Lebensräumen: Die Zersiedelung und Verarmung der Landschaft mit Ausweisung immer weiterer Baugebiete, Straßenbau, Flurbereinigungen und intensiv betriebener Landwirtschaft wirkt sich negativ aus, weil durch den Verlust an Biotopen (Feuchtgebiete, Hecken, Grünland, Streuobstwiesen) auch die Nahrungsgrundlagen der Fledermäuse verschwinden. Der Mensch selbst: Da die scheinbar lautlos in der Nacht jagenden Fledermäuse dem Menschen unheimlich sind, wurden und werden viele Tiere auch heute noch verfolgt und umgebracht, zumindest aber aus ihren Quartieren vertrieben.
Situation in FilderstadtIm Jahr 1986 ließ die Stadt Filderstadt eine umfangreiche Bestandsaufnahme über die Jagdgebiete von Fledermäusen auf unserer Gemarkung durchführen. An 63 Beobachtungstagen zwischen Mai und Oktober 1986 wurden aufgrund von Flugbeobachtungen folgende drei Arten in Filderstadt nachgewiesen:
Hauptjagdgebiete sind bei uns - so der damalige Bericht - die Gebiete am Flughafensee, am Bärensee, im Siebenmühlental sowie im Bombach- und Reutewiesental. Im letzten Jahr wurde durch das Umweltschutzreferat ein Fledermaus-Detektor beschafft. Mit diesem Gerät können die Ortungsrufe der Fledermäuse, die im Ultraschallbereich liegen, in für das menschliche Ohr hörbare Frequenzen umgewandelt und aufgenommen werden. Mitarbeiter der Biotopkartierer und der BUND-Ortsgruppe Filderstadt führten dann in den Jahren 1991/92 ergänzende Beobachtungen durch, bei denen dieses Gerät verwendet wurde. Schwerpunktmäßig wurden dabei folgende Jagdgebiete untersucht:
Insgesamt gab es 35 Begehungen im Jahr 1991 und 44 Begehungen in 1992 mit einem gesamten Zeitaufwand von 96 Stunden. Alle Beobachtungen wurden in Kartierblätter eingetragen und anschließend ausgewertet; sie bilden eine wichtige Ergänzung und Fortschreibung der Daten aus der 1. Bestandsaufnahme im Jahr 1986. Die Unterlagen wurden auch zur landesweiten Auswertung an die "AG Fledermausschutz Bad.-Württ. in Tübingen übergeben.
Folgende Erkenntnisse wurden gewonnen:
AusblickIm Fledermausschutz gibt es auch in Filderstadt noch viel zu tun. Neben Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung und der Fortsetzung der Flugbeobachtungen ist das Ermitteln von Quartieren (Hangplätzen) eine notwendige Aufgabe, mit der bisher überhaupt noch nicht begonnen wurde. Zwar gibt es in den seit vielen Jahren bei der Forstverwaltung geführten Nistkastenkontroll-Listen Einzelhinweise auf Sommerquartiere, es liegen aber überhaupt noch keine Quartiermeldungen aus Kirchtürmen, (älteren) Gebäuden sowie Stollen oder Bunkern vor. Hierzu müssen noch Umfragen bei der Bevölkerung und bei gezielten Personengruppen durchgeführt werden, um frühere oder aktuelle Hangplätze aufzuspüren. Die Begehung solcher möglichen Quartiere muß natürlich unter fachmännischer Aufsicht und zur richtigen Jahreszeit erfolgen, um schwerwiegende Störungen zu vermeiden (siehe Gefährdungsursachen). Wer Fragen zum Fledermausschutz hat oder sachkundige Mitteilungen machen kann, wende sich bitte an das städtische Umweltschutzreferat (Tel: 7003-650) oder an eine der untenstehenden Kontaktadressen. Freiwillige Helfer, die uns bei den umfangreichen Arbeiten unterstützen wollen, werden ebenfalls noch gesucht. Thomas Krämer, Plattenhardt / Eberhard Mayer, Plattenhardt (777446) Literatur:
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