Filderstädter Mitteilungen aus Umwelt- und Naturschutz 1999/2000


Vorsicht Giftpflanzen!

Carsten Wagner
Apotheker, Biotopkartierer Filderstadt

"Im August starb in England ein neunjähriges Mädchen nach kurzem Krankenhausaufenthalt trotz intensiver ärztlicher Bemühungen. Im Inhalt des Darmes wurden mikroskopische Reste von Beeren entdeckt. Die Vorgeschichte ergab, daß das Kind am Bahndamm einer stillgelegten Strecke zu spielen pflegte und während der vergangenen Woche dort mehrfach Beeren gesammelt und gegessen hatte. Neben Brombeeren wuchs dort massenweise der Bittersüße Nachtschatten."

Solche und ähnliche, weniger dramatische Berichte finden sich regelmäßig, besonders im Herbst, in den Tageszeitungen wieder. So kommt es in der Bundesrepublik pro Jahr zu über 10000 Vergiftungsfällen durch Pflanzen. Opfer sind insbesondere Kinder, die spielerisch viele Pflanzen probieren oder als Kleinkinder einfach in den Mund stecken. Ursache hierfür ist die gesunde Neugier von Kindern, aber auch die häufige Unkenntnis der Kinder (und Eltern !!!) über die Gefahren der wichtigsten Giftpflanzen.

Die häufigsten Vergiftungsfälle entstehen durch

  • "In den Mund stecken" von Pflanzenteilen durch Kleinkinder

  • Spielerisches "Kochen" und Essen von Pflanzen durch ältere Kinder

  • Hautberührung mit giftigen Pflanzensäften bei der Gartenarbeit oder beim Spielen

  • Vergiftung durch Verwechslung von Pflanzen selbstgesammelten Tees, Kräutern, Pilzen und Früchten

Giftpflanzen mit auffälligen Beeren in Filderstadt

Sehr stark giftig  Seidelbast (Daphne mezereum)
  Aronstab (Arum maculatum)
  Nachtschatten (Solanum ssp.)
  Tollkirsche (Atropa belladonna)
  
Stark giftig  Stechpalme (Ilex aquifolium)
  Eibe (Taxus baccata)
  Zaunrübe (Bryonia cretica)
  Pfaffenhütchen (Euonym. europ.)
  Maiglöckchen (Convallaria maj.)
  Heckenkirsche (Lonicera ssp.)
  Efeu (Hedera helix)
  Faulbaum (Rhamnus frangula)
  
Giftig  Schneeball (Viburnum ssp.)
  Berberitze (Berberis ssp.)
  Zwergmispel (Cotoneaster ssp.)
  Eberesche (Sorbus aucuparia)
  Holunder (Sambucus ssp.)
  Liguster (Ligustrum vulgare)
  Einbeere (Paris quadrifolia)

Andere Giftpflanzen in Filderstadt

Sehr stark giftig  Eisenhut (Aconitum napellus)
  Fingerhut (Digitalis purpurea)
  Christrose (Helleborus ssp.)
  Herbstzeitlose (Colchicum aut.)
  Schierling (Conium et Cicuta)
  Rizinus (Ricinus communis)
  Stechapfel (Datura stramonium)
  Bilsenkraut (Hyoscyamus niger)
  Kartoffelkraut (Solanum tub.)
  Tabak (Nicotiana tabacum)
  diese Vergiftung tritt meist durch das Verschlucken von Zigaretten auf
  Goldregen (Laburnum anagyr.)
  Thuja (Thuja occidentalis)
  Zeder (Juniperus virginia)
  
Stark giftig  Wolfsmilch (Euphorbium ssp.)
  Buchsbaum (Buxus sempervirens)
  Oleander (Nerium oleander)
  Schöllkraut (Chelidonium majus)
  Lupine (Lupinus ssp.)
  Rohe grüne Bohnen (Phas. ssp.)
  Kirschlorbeer (Prunus lauroceras.)
  
Giftig  Ginster (Cytisus ssp.)
  Glyzinie (Wisteria ssp.)
  Robinie (Robinia pseudoacacia)
  Rosskastanie (Aesculus hip.)
  Sumpfschachtelhalm (E. palustre)

Pflanzen, die bei Kontakt mit Haut und Schleimhaut Vergiftungen hervorrufen können

Sehr stark giftig  Bärenklau (Heracleum ssp.)
  Seidelbast (Daphne mezereum)
  Aronstab (Arum maculatum)
  Thuja (Thuja occidentalis)
  Sadebaum (Juniperus sabina)
  Sumach (Rhus toxicodendron)
  
Stark giftig  Liguster (Ligustrum vulgare)
  Schöllkraut (Chelidonium majus)
  Zaunrübe (Bryonia ssp.)
  Wolfsmilch (Euphorbium ssp.)
  
Giftig  Essigbaum (Rhus typhina)

Was ist bei einer Vergiftung zu tun?

  • Zunächst einen Überblick verschaffen. Wann wurde wieviel von welcher Pflanze aufgenommen? Sind Symptome aufgetreten?

  • Je nach Alter 1-3 große Becher mit Wasser oder leichten Fruchtsäften ( keine Milch) trinken lassen. Falls möglich, können zusätzlich Kohletabletten gegeben werden.

  • Hautkontaktgifte ausgiebig mit Wasser und Seife abwaschen.

  • Den Hausarzt aufsuchen oder das Giftinformationszentrum Freiburg anrufen:

    Telefon 0761/19240

  • Reste der aufgenommenen Pflanze dem Hausarzt zur Diagnose vorlegen.

Zusammenfassung:

Vergiftungen kommen, insbesondere im Kindesalter, recht häufig vor. Über 90% der Vergiftungsfälle sind durch die Aufnahme von Putzmitteln, Chemikalien, Medikamenten oder Pilzen bedingt. Bei knapp 10% der Vergiftungsfälle sind Pflanzen die Ursache. Da die meisten Giftpflanzen schlecht schmecken (und daher sofort ausgespuckt werden) oder aber nur bei intensiver Aufnahme eine starke Wirkung entfalten, führen Pflanzenvergiftungen nur in seltenen Fällen zu einer Lebensbedrohung. Ein wirksamer Schutz ist durch intensive Aufklärung, insbesondere der Kinder (und deren Eltern), möglich.

 

Dosis sola fecit venenum! (Allein die Menge macht, daß ein Ding kein Gift sei.)

Theophratus Bombastus von Hohenheim,
genannt Paracelsus


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