Natur- und Umweltschutz in Filderstadt 2002


Reptilien in Filderstadt
Teil 2: Schlangen

Stefan Unte
Biotopkartierer Filderstadt

Liebe Naturfreunde,

da Teil 1 (Echsen) bereits 3 Jahre zurückliegt, möchte ich einige Vorbemerkungen wiederholen:

Tag für Tag wird Lebensraum für Tiere und Pflanzen zerstört; daher ist es unabdingbar, dass genügend Naturschutzgebiete ausgewiesen werden. Es sind schon zu viele Tier- und Pflanzenarten in Deutschland oder Teilen davon ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet. Meiner Meinung nach reicht es aber nicht, nur Naturschutzgebiete auszuweisen, sondern es muss auch neuer Lebensraum für besonders gefährdete Arten geschaffen werden, den wir zuvor zerstört haben. Abgesehen davon sollten wir uns mehr für Artenschutz engagieren und versuchen, bereits verschwundene Arten wieder anzusiedeln.
Wir müssen generell noch mehr für den Tierschutz tun, obwohl zum Glück schon viele freiwillige Helfer deutschlandweit ihren Beitrag leisten.

Ich frage mich jedes Jahr besonders im Mai/Juni, wenn viele Leute die Orchideenstandorte bewachen und darauf achten, dass auch ja niemand die Wiesen betritt: Wer bewacht, abgesehen von einigen Vogelarten, die Tiere ? Ich halte z.B. Führungen zu Laichplätzen gefährdeter Arten für falsch. Besonders sind hier Amphibien und Reptilien gefährdet. Wenn so etwas überhaupt gemacht werden sollte, dann muss ganz eindringlich darauf hingewiesen werden, dass diese Tiere unter Schutz stehen und sogar das Stören in ihren Lebensräumen verboten ist. Abgesehen davon ist das Töten oder Fangen von geschützten Tieren sogar strafbar. Auch unsere heimischen Amphibien, aber auch alle unsere Reptilien stehen unter Schutz; also auch alle heimischen Schlangen.

Von allen in Deutschland heimischen Schlangen ( Ringelnatter (gefährdet), Schlingnatter (gefährdet), Würfelnatter (vom Aussterben bedroht), Äskulapnatter (vom Aussterben bedroht), Kreuzotter (stark gefährdet) und Aspisviper (evt. bereits ausgestorben)) sind im Filderraum in den letzten Jahrzehnten nur noch Ringel- und Schlingnatter gesehen worden, wobei sich meine Schlingnatterbeobachtungen sogar nur auf Gemarkung Aichtal beziehen. Lt. unserem großem Naturfreund Alfred Schumacher soll es früher sogar die Große Äskulapnatter im Filderraum gegeben haben.

Alle heimischen Nattern sind echte Nattern, d.h. ungiftig. Dagegen gibt es in Südeuropa einige leichtgiftige Trugnattern und es gibt die sogenannten Giftnattern (z.B. Kobra).

Schlangen sind extrem trocken und nicht schleimig. Beobachten Sie einmal eine durch Staub und Sand kriechende Schlange: Sie bleibt sauber. Wir Menschen hingegen werden schmutzig. Legen Sie einmal Ihre Hand in feinen Sand: Es bleibt Sand haften; bei Schlangen nicht.

Die Ringelnatter:

Diese mittelgroße, ungiftige und harmlose Schlange kommt in fast ganz Mitteleuropa vor, ist hier die verbreitetste und gehört neben Würfel- und Vipernatter (in Deutschland nicht vorkommend) zu den Wassernattern. In Deutschland gibt es von 10 Ringelnatterarten nur 2, nämlich die Nördliche " und die "Barrenringelnatter". Ich gehe fest davon aus, dass auch hier bei uns beide Arten vertreten sind. Sie unterscheiden sich nur an den schwarzen Flecken oder Barren an den Seiten.

Männliche Tiere erreichen eine Länge von ca. 70 - selten 100 cm, weibliche hingegen bis 130 cm oder mehr. Ein ovaler, leicht vom Rumpf abgesetzter Kopf, runde Pupillen, deutlich gekielte Schuppen, Färbungen von olivgrün bis grünlichgrau, ganz selten sogar schwarz, sowie die hellen, gelben, selten auch weißlichen Halbmondflecken beiderseits des Hinterkopfes charakterisieren die Ringelnatter. Die Halbmondflecken sind meistens schwarz umgrenzt. Die Paarung findet im April/Mai statt, Eiablage von ca. 30 (kann aber auch deutlich mehr sein) Eiern meistens im Juli. Häufig werden geeignete Eiablageplätze (Kompost-, Laub- oder Sägespänehaufen) von mehreren Weibchen genutzt. Die Jungtiere schlüpfen nach 7-10 Wochen.

Die tagaktive Ringelnatter ernährt sich als Jungtier von Kaulquappen und jungen Amphibien, später werden ausgewachsene Molche, Frosche, aber auch Fische erbeutet. Bemerkenswert ist, dass Ringelnattern sogar Amphibien fressen, die giftiges Sekret absondern. Wir konnten z.B. filmen, wie eine grosse Ringelnatter eine ausgewachsene Erdkröte und junge Ringelnattern Kaulquappen der Gelbbauchunke fraßen.

Die Ringelnatter selbst hat viele Freßfeinde: als Jungtier sogar Frösche, Fische und kleine Vögel, später noch Marder und sehr viele Vögel.

Ringelnattern können noch an diversen, meist wassernahen Stellen im Filderraum gesehen werden. Sehr gefreut hatte es mich, als ich vor wenigen Jahren in den schönen naturnahen Gärten beim Uhlbergturm ein grosses Natternhemd einer Ringelnatter gefunden hatte. Natternhemd nennt man die abgestreifte Haut von Schlangen, die oft noch in einem Stück vorhanden ist, da Schlangen ja im Gegensatz zu Eidechsen keine Beine haben.

Sollten Sie in Ihrem Garten, Komposthaufen oder woanders Eier finden, zerstören Sie diese bitte nicht, sondern decken Sie sie wieder ab. Es ist ein tolles Erlebnis, kleine Schlangen und natürlich auch die großen zu beobachten. Auch die schöne Zauneidechse legt gerne ihre Eier in Gärten ab.

Eine große Chance Ringelnattern zu beobachten bietet sich, wenn Sie sich einen nicht zu kleinen Teich anlegen. Sie werden überrascht sein, was für Tierleben (Frösche, Molche, Libellen, andere Insekten aber auch die Ringelnatter) sich dort ansiedeln kann. Abgesehen davon gibt es im Filderraum sowieso zu wenig Laichplätze. Sie machen also mit einem Teich sich selbst, den Tieren, aber auch den Biotopkartierern eine Freude. Machen Sie nur bitte nie den Fehler, Tiere aus ihrem Lebensraum für Ihren Garten oder Teich zu entnehmen. Abgesehen davon, dass dies verboten ist, bleiben diese Tiere meistens nicht dort oder sterben, weil irgendeine Lebensvoraussetzung fehlt. Wenn Sie einen Teich naturnah anlegen, stellt sich der Rest automatisch ein. Jedes Frühjahr unternehmen viele Amphibien z.T. weite Wanderungen auf der Suche nach geeigneten Laichplätzen.

Die Schlingnatter:

Diese kleine, ungiftige und harmlose, aber sehr muskulöse Schlange ist auch als Glatt- oder Haselnatter bekannt. Sie ist weniger häufig als die Ringelnatter und bevorzugt meistens andere Lebensräume. Im Gegensatz zur Ringelnatter verschlingt die Schlingnatter nicht jede Beute lebendig, sondern erwürgt größere Beute vorher.
Sie tritt häufig in sonnigen, trockenen Biotopen auf, daher trifft man sie z.B. im Kaiserstuhl häufiger. Aber wir fanden sie auch in Pfullingen, im Taubergiessen und zum Glück im Aichtal. Hier im Aichtal gab es sogar 1998 Nachwuchs, 1999 sahen wir nur 1 Alttier. Leider haben meine Frau und ich nicht mehr die Zeit, viel unterwegs zu sein, aber ich gehe fest davon aus, dass es die Schlingnatter immer noch im Aichtal und hoffentlich auch auf der Gemarkung Filderstadt gibt, denn diese Schlange ist gut getarnt und verrät sich nicht durch schnelle, raschelnde Bewegungen.
Sie wird ca. 60-75 cm lang, hat einen kleinen, kaum vom Rumpf abgesetzten Kopf mit zugespitzter Schnauze, runde Pupillen und glatte, ungekielte Schuppen. Ihre Färbung reicht von braun bis gräulich. Charakteristisch sind die vom Nasenloch durch das Auge bis über die Mundwinkel hinausgehenden dunklen Wangenstreifen.
Paarung ist Ende April/Anfang Mai und im August/Anfang September kommen bis zu 15 Jungtiere zur Welt. Die Schlingnatter legt im Gegensatz zur Ringelnatter keine Eier, sondern sie gebärt lebend.

Leider halten manche Leute alle braunen oder grauen kleinen Schlangen für Kreuzottern. Mit etwas Aufklärung kann diese Verwechslung vermieden werden, denn die Schlangen unterscheiden sich sehr. Abgesehen davon steht auch die sehr selten gewordene Kreuzotter unter Schutz. Alleine die glatten Schuppen der Schlingnatter, die runden Pupillen und die durchs Auge führenden Wangenstreifen sind eindeutige Erkennungsmerkmale gegenüber der Kreuzotter. Leider ist die Schlingnatter nicht scheu und somit extrem gefährdet. Sie ernährt sich von Eidechsen, kleineren Blindschleichen, jungen Schlangen und kleinen Mäusen.
Sie hat aber neben dem Menschen auch viele andere Feinde: Marder, Wild- und Hausschweine, Hunde, Katzen, Ratten und sehr viele Vögel.

Wir konnten diese schöne Schlange schon eine halbe Stunde und länger beobachten. So viele Schlangen meine Frau und ich auch in der Natur sehen und sahen, wir haben eines immer beherzigt: Die Tiere niemals anzufassen oder gar zu fangen und sie somit nicht in ihrem Lebensraum zu stören. Warum auch? Wir erfreuen uns daran, die ungestörten Tiere zu beobachten. Wenn Sie eine Schlange greifen, erleiden die Tiere Todesangst und würden evt. beissen. So It. Zeitung am 01.05.2001 bei Tuttlingen passiert, als ein Spaziergänger meinte, eine Kreuzotter fangen zu müssen.

Sollte Ihnen der ganz seltene Fall passieren, dass eine Schlange Ihnen den Weg "versperrt" oder irgendwo in Ihrem Garten liegt, wo es Sie stört: Berühren Sie sie vorsichtig mit einem dünnen Ast oder dergleichen, sie verschwindet bestimmt.

Ich hoffe, dass unsere letzten heimischen Schlangen nicht (mehr) als schleimige, giftige Ekelwesen angesehen werden, sondern als interessante Lebewesen unserer ohnehin stark gefährdeten Natur.
Lasst uns unsere noch vorhandene Natur schützen und uns daran erfreuen.

 

Literatur: Blab/Vogel: Amphibien und Reptilien; Kennzeichen, Biologie, Gefährdung; Spektrum der Natur, BLV Intensivführer


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