Natur- und Umweltschutz in Filderstadt 2007


Wasser - alltäglich aber doch ganz besonders!

Alexander Büll
Biotopkartierer Filderstadt

Dieses Jahr ist Wasser das Thema der Filderstädter Schriftenreihe über Natur- und Umweltschutz. In diesen Rahmen passt vielleicht auch ein Artikel, der, ohne direkten Bezug zu Filderstadt zu haben, doch vielleicht dem ein oder anderen ein paar neue, interessante Fakten über dieses sprichwörtliche Lebenselixier vermittelt. Und immerhin ist der Autor begeistert Filderstädter…

Nun, ich möchte Sie nicht mit Fakten beladen, die Sie nur zu gut kennen. Wir alle wissen um die enorme geopolitische Bedeutung des Wassers, um düstere Visionen von zukünftigen Kriegen um Wasser, um den hohen Wasserverbrauch der (unserer) westlichen Welt, um die Probleme der Landwirtschaft und Kraftwerke bei Regenmangel, etc.

Vielmehr möchte ich Sie einladen auf einen Streifzug von den Molekülen über Meerestiefen bis hin zu Homöopathischen Medikamenten.

Der Satz: "ohne Wasser kein Leben" wird oft zitiert. Doch warum ist das denn so, warum ist das Wasser so absolut notwendige Bedingung jedes Lebens, dass sich Forscher, die nach außerirdischem Leben suchen, in der Regel von vorneherein auf Himmelskörper beschränken, wo solches in flüssiger Form zumindest vermutet wird?

Die Antwort liegt in der molekularen Struktur des Wassers. Die chemische Formel, H2O, wohl die bekannteste der Welt, gibt noch nicht genug Auskunft. Figur 1 zeigt die gewinkelte Struktur des Moleküls. Wenn man sich nun die Wasserstoffatome schwach positiv geladen vorstellt und den Sauerstoff negativ, versteht man, dass in dem Molekül positive und negative Ladungs-Schwerpunkte sich nicht am selben Ort befinden - es liegt also ein elektrisches Feld im Molekül vor - es ist ein Dipol. Dies kommt zwar bei den meisten anderen Molekülen auch vor, allerdings in der Regel deutlich schwächer. Die spezielle Geometrie des Wassers und die vorhandenen Ladungen sind nun dafür verantwortlich, dass es mit anderen geladenen Teilchen starke Wechselwirkungen eingehen kann. Dies ist die Erklärung für seine ausgezeichneten Eigenschaften als Lösungsmittel und damit auch als Medium für die abertausenden von chemischen Reaktionen, die in jeder Ihrer Körperzellen in diesem Moment gleichzeitig ablaufen. Es löst Salze (Nährsalze für Pflanzen oder Ionen für wichtige Funktionen der Nerven), Proteine, Zucker, Vitamine, es schwemmt Stoffwechselgifte aus Ihrem Körper…

Diese Struktur ist übrigens auch der Grund warum Wasser im festen Zustand, als Eis auf dem flüssigen Wasser schwimmt. Die Geometrie zwingt einer Ansammlung von Wassermolekülen niedriger Temperatur eine käfigartige Struktur mit sehr viel leerem Raum auf. Erwärmt man das Eis, führt man ihm also Energie zu, bricht diese Struktur zusammen, die Lücken werden aufgefüllt, die Dichte steigt, bis zu einer Temperatur von 4°C, dann sinkt sie wieder, wie beim Erwärmen fast aller anderen Stoffe.

Die starken Anziehungskräfte der Wassermoleküle untereinander sind auch dafür verantwortlich, dass Wasser die höchste Wärmekapazität unter allen Stoffen hat. Dies wirkt sich ganz praktisch so aus, dass zum Beispiel das Meer, als großes Wasserreservoir sich auch bei großer Sonneneinstrahlung nur langsam erwärmt, diese Wärme aber auch lange hält. Diesen Herbst werden wird man wohl noch lange in der Nordsee baden können, nach den heißen Monaten Juni und Juli!

Unter gewissen Bedingungen können in die Käfige aus Wassermolekülen auch noch andere Moleküle, zumeist Gase, eingeschlossen werden. Diese Gashydrate, deren bekanntester Vertreter das Methanhydrat ist, werden wohl noch von sich reden machen. Man muss nämlich wissen, dass der Kohlenstoffvorrat der in dieser Form, meist in großen Meerestiefen, gespeichert ist, als riesig eingeschätzt wird - größer als Erdgas und -öl zusammen. Und da der Energiehunger der Menschheit unstillbar ist werden, wenn nicht vorher der Übergang zu regenerativen Energien geschafft ist, meine Enkel wohl Methan aus Hydraten verbrennen. Allerdings ist es sehr schwer zu bergen, da es oft weit über den Meeresboden verteilt ist; eine Ausbeutung der Vorkommen lohnt also erst, wenn der Energiepreis sich drastisch verteuert.

Nun aber zu etwas ganz anderem. Die meisten von Ihnen haben sicher schon einmal homöopathische Medikamente verwendet. Innerhalb des homöopathischen Sortimentes gibt es so genannte Hochpotenzen, die so stark verdünnt sind, dass mit großer Sicherheit kein einziges Teilchen des Ausgangswirkstoffes mehr darin enthalten ist. Die Aussage der Homöopathie nach Hahnemann ist nun, dass bei dem Vorgang des Verdünnens eine Information oder Energie dem Lösungsmittel (Wasser/Alkohol-Gemische) aufgeprägt wird, welche dann anstelle des Wirkstoffmoleküls mit dem kranken Organismus interagiert. Wissenschaftliche Forschungen zu dieser Fragestellung setzten meist daran an, im Wasser eine veränderte innere Struktur, erzeugt durch das "Potenzieren", nachzuweisen. Mit heutigen Methoden gelang dies, verifizierbar, noch nicht. Fakt ist jedoch, dass in flüssigem Wasser noch winzige "Eisberge", Aggregate aus wenigen Wassermolekülen, vorkommen. Allerdings ist die Idee, dass diese "Cluster" sich die Form des Wirkstoffes einprägen lassen eher unplausibel, da diese Aggregate extrem kurzlebig sind (Nanosekunden) und sich stets neu formen.

Eben weil Wasser so faszinierende Eigenschaften hat und selbst noch vor wenigen Jahrzehnten ein großer Teil der Wissenschaftler in einen kollektiven Irrtum verfiel, als sie an die Existenz des mysteriösen Polywassers glaubten, gibt es noch immer Raum für ziemlich exotische Behauptungen, wie etwa die eines Gedächtnisses oder einer "Lebensenergie" des Wassers. Vielleicht haben Sie schon einmal von den Geräten zur Wasserbelebung gehört, die auf der Vorstellung basieren, dass Leitungswasser andere Eigenschaften hat als zum Beispiel das Wasser eines Gebirgsbaches, abgesehen natürlich von den unterschiedlichen gelösten Stoffen, die jeweils enthalten sind. Ein naturwissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit steht allerdings aus.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar neue Aspekte der Bedeutung, Faszination und Komplexität des Phänomens Wasser zeigen. Vielleicht denken Sie das nächste Mal, wenn Sie ein Glas Sprudel trinken daran, dass Sie etwa 1 000 000 000 000 000 000 000 000 00 (1025!!) kleine Wunderwerke zu sich nehmen.


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