Natur- und Umweltschutz in Filderstadt 2007


Fische der Filder

Johannes Hellstern
Biotopkartierer Filderstadt

Obwohl die Filderebene nicht gerade zu den mit Gewässern reich gesegneten Landschaften zählt, gibt es doch ein paar Kleinode mit recht guten Fischbeständen. Zum einen wurden künstliche Gewässer angelegt, dazu zählen die meisten Teiche im Filderstädter Wald, darunter der Bärensee, der mit ca. 1,0 ha das größte und bekannteste Gewässer ist. Zum anderen gibt es kleine Bachläufe wie den Reichen- und Bombach, über die die Filderebene in Aich und Neckar entwässert.

Fischreichtum im Bärensee

Der 1972 entstandene Bärensee ist das fischartenreichste Gewässer, in dem aufgrund seiner Größe und den guten Lebensbedingungen die größten Fische vorkommen. Vor allem Hechte und Karpfen wachsen hier zu teilweise stattlichen Exemplaren bis über einen Meter Länge heran. Gerade der Hecht findet in diesem mit Seerosen bewachsenen See ideale Lebensbedingungen. Die Seerosen und das Laichkraut geben ihm die nötigen Unterstände, um auf seine Beutefische zu lauern, die er dann mit einem blitzschnellen Vorstoß aus der Deckung heraus packt. Durch seine kräftige Muskulatur und seinen pfeilförmigen Körper kann er dabei mit nur einem Flossenschlag Geschwindigkeiten bis zu 40 km/h erreichen. Was die Größe seiner Beute angeht, ist er nicht sehr wählerisch. Durch sein großes Maul, besetzt mit bis zu 1.500 messerscharfen nach hinten gerichteten Zähnen, kann er ohne Probleme Beutefische bis zur Hälfte seiner eigenen Körpergröße fressen. Für jedes größere Gewässer ist gerade dieser Fisch äußerst wichtig, um die kranken und verletzten Fische zu fressen. Er übernimmt somit die Rolle der Gesundheitspolizei innerhalb des Gewässers. Durch die im Bärensee massenhaft vorkommenden Futterfische, wie Rotaugen und vor allem Rotfedern, findet der Hecht ein großes Nahrungsangebot. Dies hat zur Folge, dass der Hecht sich natürlich fortpflanzt und deshalb ein gesunder Hechtbestand mit einer ausgewogenen Alterspyramide im See vorhanden ist.

Auch der ebenfalls recht häufig vorkommende Karpfen fühlt sich im Bärensee sehr wohl und gedeiht dort prächtig. Durch die geringe Tiefe des Sees mit ca. 2,5 m ist er das ganze Jahr über recht warm, was gerade dem Karpfen sehr zusagt. An heißen Sommertagen kann man die Karpfen häufig beim Sonnenbad an der Wasseroberfläche beobachten. Hinzu kommt, dass die Karpfen im Bärensee relativ viele Kleinstlebewesen im weichen Grund finden. Diese Kleinstlebewesen, wie Würmer, Schnecken und Insektenlarven stellen die Hauptnahrungsquelle der Karpfen dar. Bei der Nahrungssuche durchwühlen die Karpfen mit ihrem rüsselartigen Maul den Boden und filtern die Nahrung heraus. Neben Hecht und Karpfen schwimmen im See relativ viele Aale bis zu einem Meter Länge, die in den vielen Wurzeln und Ästen überhängender Bäume ideale Versteckmöglichkeiten finden. Wie der Hecht profitieren auch die Aale von der großen Anzahl an Futterfischen und Kleinstlebewesen. Andere Fischarten wie Zander, Barsche und Schleien sind ebenfalls heimisch und pflanzen sich im Bärensee natürlich fort. Gerade diese Artenvielfalt des Bärensees ist auf den Fildern einmalig. Doch nicht nur der Bärensee beherbergt Fische, auch die vielen Kleingewässer, denen oft niemand ansieht, dass überhaupt Fische darin leben, besitzen meist überraschend gute Fischbestände.

Die Fische im Reichenbach

Ein solches Gewässer ist der Reichenbach, in dem ein ausgezeichneter Bachforellenbestand beheimatet ist. Das sehr saubere Wasser und die gute Nahrungsgrundlage, mit Kleinfischen, Insekten und Bachflohkrebsen tragen maßgeblich zum reichen Vorkommen bei. Ein weiterer Grund sind die zahlreichen Versteckmöglichkeiten, wie versunkenes Astwerk, ausgespülte Kolke und Wurzeln, die die Forellen vor Feinden wie dem Fischreiher schützen. Der kiesige Grund des Baches bietet den Fischen ideale Laichmöglichkeiten, daher können sie sich natürlich vermehren und sind nicht auf künstliche Fischbesätze angewiesen. Die Bachforellen sind in diesem naturbelassenen, sauberen Bach ausgesprochen schön gezeichnet und nicht zuletzt die Altersverteilung lässt auf einen gesunden Fischbestand schließen. Solch ein gesundes Bachforellenvorkommen ist selten und es ist erfreulich, solch ein Gewässer auf den Fildern zu haben. Natürlich ist dieser gute Bestand letztlich auch auf eine gute "Bewirtschaftung" zurückzuführen.

Die Mühlkoppe

Zudem sollte man bei diesem Gewässer auch die Mühlkoppe erwähnen. Dieser merkwürdige Kleinfisch (10 bis 15 cm) lebt tagsüber versteckt und gut getarnt auf dem Bachgrund unter Steinen, weshalb er oft übersehen wird und vielen Leuten unbekannt ist. Die Koppe oder Groppe liebt sauerstoffreiches und vor allem sauberes Wasser klarer Bäche. Sie ist deshalb ein Indikator für sehr gutes Wasser, wie es gerade hier im Reichenbach zu finden ist.

Ihr Körper ist keulenförmig und weist keine Schuppen auf. Die Farbe ist dem Untergrund völlig angepasst. Typisch ist die robbende Fortbewegung über den steinigen Bachgrund, wobei sie sich auf die besonders ausgeprägten Brustflossen stützt. Das Männchen betreibt eine ausgeprägte Brutpflege, indem es die vom Weibchen angelegte Laichgrube unter hohlliegenden Steinen bewacht und das Gelege (100 bis 300 Eier) befächelt.

Die Brut schlüpft nach vier bis sechs Wochen. Die Jungfische sind unter guten Bedingungen schnellwüchsig und nach zwei Jahren geschlechtsreif. Die Groppe ist heute in ihrem Bestand stark gefährdet.

Der Bombach

Weniger sauberes Wasser, aber dafür ebenfalls einige Bachforellen beherbergt der Bombach, der sich durch das gleichnamige Tal in Richtung Aich schlängelt. Die Bachforellen leben ausschließlich unterhalb der Bonländer Kläranlage, da nur dort im Sommer ausreichend Wasser vorhanden ist, um überleben zu können. Sie leben gut versteckt zwischen Wurzeln und unter unterspülten Ufern, aber auch in tief ausgespülten Kolken. Auf Grund ihres kleinen Bestandes und der großen Scheu dieser Fische kann man nur selten welche entdecken. Der Hauptgrund für den kleinen Bestand ist die schlechte Wasserqualität und die damit ebenfalls schlechte Nahrungsgrundlage. Der Bachgrund ist überwiegend schlammig, weshalb nur wenige Kleintiere, wie Wasserasseln und Egel das Bachbett bewohnen. Gerade Egel und die häufige Wasserassel zeigen, dass das Wasser sehr belastet ist. Trotzdem kommen auch einige Gründlinge im Bombach vor. Dieser überwiegend am Grund sandiger Seen und Fließgewässer lebende Kleinfisch (bis ca. 15 cm) ist auch recht häufig in der Aich zu finden, sodass nicht auszuschließen ist, dass die Gründlinge im Bombach ursprünglich aus der Aich stammen und im Laufe der Jahre in den Bombach aufstiegen. Der Gründling lebt gesellig in kleinen Gruppen. Das unterständige Maul weist zwei Barteln auf. Er ernährt sich von wirbellosen Kleintieren des Bodens und aufgefundenen toten Tieren.

Entlang des Bombachs gibt es zwei kleinere künstlich angelegte Teiche, die ebenfalls Fische aufweisen. Der Stollenhauteich ist der fischreichere und dürfte auch der bekanntere der beiden Teiche sein. In der Uferzone der beiden Teiche kann man oft ausgesprochen viele kleine Fische beobachten. Bei diesen Fischen handelt es sich um Dreistachlige Stichlinge. Der Name des Kleinfisches (bis 8 cm) beruht auf den drei Stacheln, die er auf seinem Rücken trägt. Nicht nur die Stacheln machen diesen Fisch so attraktiv, er ist auch einer der wenigen Süßwasserfische, die intensive Brutpflege betreiben und für ihren Laich kleine Nester bauen. Während der Laichzeit zwischen März und Juli baut das Männchen am Grund ein kleines Nest aus Pflanzenfasern und Fadenalgen. Nach dem Laichen bewacht das Männchen die Brut, indem es das Nest gegen Bruträuber und andere Artgenossen verteidigt. Die Männchen sind zu dieser Zeit sehr aggressiv und vertreiben jeden Eindringling mit ausdauernden Attacken. Durch diese intensive Brutpflege ist es möglich, dass der Bruterfolg sehr hoch ist. Dies erklärt auch den großen Stichlingsbestand in den beiden Gewässern. Für den inzwischen selten gewordenen Eisvogel, der im Bombachtal noch brütet, stellen diese Stichlinge eine sehr wichtige Nahrungsquelle dar. Man kann ihn deshalb oft bei der Nahrungssuche an einem der beiden Teiche beobachten.

Asiatische Riesen

Doch nicht nur die kleinen Stichlinge leben in den Teichen, im Stollenhauteich gibt es auch zwei Grasfische/Graskarpfen. Diese asiatischen Riesen (mehr als 1 m und bis 50 kg Gewicht) wurden vor ca. 20 - 30 Jahren von vielen Gewässerbesitzern in ihre Gewässer eingesetzt, um die wuchernden Wasserpflanzen zu dezimieren. Der Graskarpfen frisst nämlich fast nur Wasserpflanzen, wie Wasserpest und junge Schilftriebe. Es wird beschrieben, dass er bis zu 120 % seines eigenen Körpergewichts an Nahrung aufnehmen kann. Sie wurden im Stollenhauteich wahrscheinlich vor ca. 15 - 20 Jahren ausgesetzt, um einen übermäßigen Pflanzenwuchs zu verhindern. In unseren Breiten kann sich der Fisch wegen der für ihn zu niedrigen Wassertemperaturen nicht vermehren, aber vielleicht wird dies bei der steigenden Erderwärmung in ein paar Jahrzehnten auch möglich sein.

Die Schleie

Eine weitere Fischart, die in den meisten der Filderstädter Waldteichen vorkommt, ist die Schleie. Sie ist weitgehend anspruchslos und kann deshalb auch in den kleinsten Tümpeln überleben und wird, bei ausreichend Nahrung, trotzdem bis zu 50 cm lang. Sie pflanzen sich bei uns in den Waldteichen zwar fort, dennoch haben die Fische selbst nach einigen Jahren gerade einmal eine Länge zwischen 15 und 20 cm erreicht. Dies liegt daran, dass die Bestände aufgrund fehlender Raubfische wie Hecht und Zander sowie einem geringen Nahrungsangebot verkümmern, in der Fachsprache spricht man auch von "verbutten". Die Schleien vermehren sich jedes Jahr und es werden immer mehr Fische. Diese finden aufgrund der zu kleinen Wasserfläche nicht genug Nahrung. So nehmen die Bestände kontinuierlich zu, aber die dringend nötige Dezimierung erfolgt nicht. Der Fischreiher holt sich zwar seinen Anteil, was in der Regel nicht ausreicht, um den Bestand ausreichend zu vermindern.

Exoten in Waldteichen

Doch nicht nur Schleien schwimmen in Filderstädter Waldteichen, auch einige exotische Fischarten sind auf dem Vormarsch. Dies sind vor allem Goldfische, die - aus welchen Gründen auch immer - von ihren Besitzern in die Waldteiche ausgesetzt wurden. Welche Folgen dies hat, ahnen die meisten von ihnen nicht. Der Goldfisch ist zwar die rote Zuchtform eines heimischen Fisches, des Giebels, doch diese Fischart ist bekannt für ihre schnelle und zahlreiche Vermehrung, gerade in Gewässern ohne Feinde. So gibt es mittlerweile Seen, die einer Goldfischplage ausgesetzt sind. Nur mit großer Mühe können die Goldfische dort gefangen werden. Bislang sind es nur einzelne Exemplare des Goldfisches, die in den hiesigen Waldteichen schwimmen, aber es müssen nicht noch mehr werden. Es wäre schon ein recht komischer Anblick, wenn in einem Waldteich Unmengen an Goldfischen schwimmen würden. Orange Fische gehören in keinen Waldteich, sondern in den Garten. Die Goldfische wären allein nicht so schädlich, sie fressen nur Insektenlarven und kleine Würmchen, weshalb sie allenfalls Nahrungskonkurrenten für heimische Fische, wie die Schleie darstellen können. Es gibt aber Fischarten, wie den Sonnenbarsch und den Katzenwels, die beide aus Amerika stammen und auch in europäischen Gewässern ohne Probleme überleben. Sie werden vielfach in Gartenteichen und Aquarien gehalten bis sie zu groß sind und dann ausgesetzt werden. Diese beiden Fischarten vermehren sich ebenfalls ausgesprochen schnell und zahlreich, sodass sie in kurzer Zeit ein ganzes Gewässer besiedeln können, mit schlimmen Folgen für das gesamte Ökosystem. Beide Arten sind starke Räuber, die vor allem den Laich heimischer Fische und Amphibien sowie Molche und K aulquappen in großen Mengen fressen. Wenn sie sich erst einmal in einem Gewässer angesiedelt haben, dann sind sie, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand herauszubekommen. In den Baggerseen im Neckartal gibt es mittlerweile in so gut wie jedem See unglaubliche Mengen an Sonnenbarschen, denen keiner habhaft werden kann. Sie wurden vor Jahren von Privatleuten, die sie in Aquarien oder Teichen hielten, in die Seen ausgesetzt und vermehren sich nun ungehindert. Die Schäden, die diese Fische anrichten sind immens, da sie einen großen Teil des Laiches der heimischen Fische fressen. Erstaunlich ist dabei, dass die Raubfische wie Hecht, Zander, Barsch und Wels nur selten diese amerikanischen Einwanderer fressen. Die Exoten scheinen ihnen nicht so sehr zu schmecken.

Zum Glück halten sich die fremden Fisch- und Tierarten in den Filderstädter Gewässern bislang noch in Grenzen und es bleibt zu hoffen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Dies gelingt nur, wenn sogenannte Tierliebhaber nicht alles, was sie im heimischen Zoohandel erwerben können und ihnen irgendwann lästig wird, in den heimischen Gewässern "entsorgen".


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